Bundesfinanzierungsagentur: Grasser wehrt sich

Karl-Heinz Grasser
Karl-Heinz Grasser(c) AP (Hans Punz)
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In seiner Amtszeit hätte die Staatsagentur Milliarden-Gewinne gemacht, sagt der ehemalige Finanzminister. Verlustreiche Risikogeschäfte kamen erst später. Der Rechnungshof sieht das anders.

Der frühere Finanzminister Karl-Heinz Grasser sieht sich nicht verantwortlich für Veranlagungen der Österreichischen Bundesfinanzierungsagentur, aus denen der Republik bis zu 617 Millionen Euro Verlust drohen. Grasser weilt derzeit zwar auf Capri, weist jede Kritik aber per Presseaussendung zurück: "Mit aller Entschiedenheit" lehnt er "jeglichen Zusammenhang mit den Risikoveranlagungen der ÖBFA" ab.

Während seiner Amtszeit von 2000 bis Jänner 2007, sei die ÖBFA äußerst erfolgreich gewesen. Sie habe (durch Refinanzierungen der Staatsschulden in Fremdwährungen) dem Steuerzahler mehr als zwei Milliarden Euro eingespart. Die kritisierten Risikoveranlagungen und damit verbundene Verluste seien eindeutig nach seiner Amtszeit zustande gekommen. Er sieht sich nicht verantwortlich.

Rechnungshof hat andere Sichtweise

Wie aus einem aktuellen Bericht des Rechnungshofs hervorgeht, hat die Agentur in den Jahren 2002 bis 2007 Milliardenbeträge in spezielle Papiere investiert, so genannte Asset Backed commercial papers (ABCP), die von der US-Subprimekrise besonders stark betroffen waren. Im August 2007 wurde der Ausstieg aus diesen Investments beschlossen.

Die RH-Prüfer kritisierte nicht nur die mangelnde Risikoverteilung sondern vor allem auch, dass der Kassastand der ÖBFA (zur Sicherung der Zahlungsfähigkeit des Bundes) in den geprüften Jahren massiv erhöht wurde. Aus Sicht des RH hatte die Aufnahme zusätzlicher Gelder nicht nur mit wirtschaftlichen Notwendigkeiten zu tun, sondern sollte "der Erzielung zusätzlicher Einnahmen dienen". Während der durchschnittliche Kassastand der ÖBFA bis 2002 bei knapp 5 Milliarden Euro lag, verdoppelte er sich bis 2006 - also während der Amtszeit Grassers - auf rund 10 Milliarden. 2007 stieg er dann auf 16,67 Milliarden. Bei einer durchschnittlichen Veranlagung von 15,1 ´Milliarden Euro im Jahr 2006 waren 5,9 Milliarden in Commercial Papers investiert.

Angesichts der kritisierten Veranlagungen aus dem Jahr 2007 dürfte auch die damalige Führung der Staatsagentur Thema werden. Im Oktober 2006 hatte Grasser Kurt Sumper zum Ko-Geschäftsführer bestellt. Sumper ist der Cousin von Beate Sumper, der Exfreundin von Grasser. Sumper hatte im Jahr 2007 die Geschäfte mit Helmut Eder geführt. Eder ging im Vorjahr mit allen Ansprüchen in Pension.

(APA/Red.)

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