Streit um Schiele, „sauber gelöst“

PK LEOPOLD MUSEUM EINIGUNG �BER SCHIELE-ZEICHNUNGEN
PK LEOPOLD MUSEUM EINIGUNG �BER SCHIELE-ZEICHNUNGEN(c) APA/GEORG HOCHMUTH
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Im Konflikt um fünf Schiele-Zeichnungen gelang eine Einigung: Zwei Blätter gehen an die Erbin Karl Mayländers in New York, drei bleiben im Leopold-Museum.

Wie lang soll sie noch warten?“, hat die Israelitische Kultusgemeinde seit 18. Jänner dieses Jahres in einer täglichen Presseaussendung gefragt. Die Erbin des jüdischen Kaufmanns Karl Mayländer war zu Beginn der Kampagne 95Jahre und einen Tag alt. Fünf Schiele-Zeichnungen, die Mayländer gehört hatten, bevor er 1941 nach Łódź deportiert und schließlich ermordet wurde, befanden sich in der Sammlung des Leopold-Museums, das die Bilder nicht abgeben wollte.

Die Erbin war 95 Jahre und 80 Tage alt, als es endlich zu einer Einigung kam: Am Mittwochabend wurde vereinbart, dass zwei der fünf Zeichnungen restituiert werden, die restlichen bleiben im Leopold-Museum. Die in den USA lebende Erbin Eva Zirkl hat selbst gewählt, welche der Bilder nun verpackt und über den Atlantik geschickt werden: Es sind Schieles „Selbstdarstellung mit gestreiften Ärmelschonern“ (Bleistift und Gouache auf Papier, 1915) und „Sitzender Bub mit gefalteten Händen“ (1910).

Der Einigung war ein jahrelanger Konflikt vorausgegangen: Schon 2010 hatte die sogenannte Michalek-Kommission, ein von der damaligen Kulturministerin, Claudia Schmied, eingesetztes Gremium, befunden, dass die fünf Zeichnungen zu restituieren wären, stünde die Leopold-Museum-Privatstiftung im Eigentum des Bundes und unterläge sie somit dem Kunstrückgabegesetz. Die Albertina, ein Bundesmuseum, hat 2011 in einem Parallelfall ebenfalls fünf Schiele-Blätter aus der Sammlung Mayländer restituiert. Das Leopold-Museum lehnte das ab und hoffte, einen Vergleich zu erzielen.

„Unbelastete“ Bilder?

Im Konflikt ist es aber nicht nur um die Frage gegangen, ob das Leopold-Museum die Zeichnungen restituiert oder stattdessen einen Geldbetrag zahlt. Eine Streitfrage blieb, ob die Bilder auf rechtmäßigem Weg in die Sammlung Leopold kamen. Rudolf Leopold kaufte sie von Etelka Hofmann, sie soll die Lebensgefährtin von Karl Mayländer gewesen sein und die Bilder kurz vor seiner Deportation von ihm geschenkt bekommen haben – laut Leopolds Notizen mit den Worten „Damit du etwas hast im Alter“. Ob sie wirklich seine Lebensgefährtin war, ist umstritten. Sie leitete jedenfalls nach 1945 kein Todeserklärungsverfahren in die Wege. Als gesetzliche Erbin galt sie nicht. Dass sie die rechtmäßige Besitzerin der Blätter war, stand für sie offenbar außer Frage: Die Bilder seien unbelastet, steht in einem der Kaufverträge zwischen Hofmann und Leopold. Die IKG argumentiert hingegen, dass Mayländer ihr die Zeichnungen gar nicht geschenkt hätte, wäre er nicht von den Nationalsozialisten verfolgt worden.

Sechs Jahre lang bewegte sich wenig zwischen den streitenden Parteien, die Fronten waren verhärtet. Zuletzt machte die Leopold-Museum-Privatstiftung der Erbin ein Angebot (den Betrag wollte Stiftungsvorstand Helmut Moser nicht nennen, laut „Standard“ handelte es sich um fünf Millionen Euro), das die amerikanischen Anwälte von Eva Zirkl aber nicht beantwortet hätten. Es gehe ihr nicht um Geld, betonte Erika Jakubovits von der IKG, auch zwanzig Millionen hätte sie nicht angenommen. „Sie wollte die Zeichnungen zurückhaben.“

Zwei von fünf bekommt sie nun zurück, nachdem sich Kulturminister Ostermayer als Vermittler in die Diskussion eingeschaltet und mit beiden Seiten „in stiller Diplomatie“ Gespräche geführt hat. Das Leopold-Museum gab schließlich nach und erklärte sich bereit, einzelne Zeichnungen zu restituieren. Wie viele, das wurde in einem letzten Schritt verhandelt: Man einigte sich, dass Zirkl nur zwei bekommen solle, sich dafür aber aussuchen könne, welche. Leopold-Museum-Direktor Wipplinger freute sich, dass zwischen dem Museum und der IKG wieder eine gute Atmosphäre herrsche. Die Aufgabe der zwei Blätter würde den „Erfolg des Hauses nicht mindern“, meinte er. „Wir haben um die 180 Schiele-Zeichnungen.“

„Eine saubere Lösung“, fand auch Jakubovits, „und die größte Freude ist, dass die Erbin das noch erlebt.“ Eva Zirkl selbst habe übrigens keine Erben, will die Zeichnungen aber in eine von ihr gegründete Stiftung für autistische Kinder einbringen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.04.2016)

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