„Mazedonien hat Österreich sehr, sehr geholfen“, sagte Verteidigungsminister Doskozil in Skopje. Doch zugleich ist das Balkanland ein Sorgenkind: Jihadisten planten hier auch einen Anschlag auf Österreichs Botschaft.
Skopje. Soldaten seilen sich vom Dach ab, stürmen die mehrstöckige Hausattrappe. Es knallt. Man macht keine Gefangenen. Die Anti-Terrorübungen, die mazedonische Spezialkräfte vor dem Hintergrund der Schwarzen Berge nahe Skopje für Österreichs Verteidigungsminister, Hans Peter Doskozil, veranstalten, sind keine abstrakten Muskelspiele: Es gibt hier eine reale Bedrohungslage. Auch für Österreich, wie es in Geheimdienstkreisen heißt.
Schon mehrmals seien Terrorpläne vereitelt worden. Ins Visier von Extremisten soll dabei auch die österreichische Botschaft in Mazedoniens Hauptstadt, Skopje, geraten sein. Denn Österreich zählt auf dem Balkan neben den USA und Deutschland zu den wichtigsten internationalen Akteuren – und damit auch zu den potenziellen Zielen. Deshalb sind die Nachrichtendienste in Wien und Skopje in ständigem Kontakt. Doch auch die Jihadisten hier sollen auf länderübergreifende Netzwerke zurückgreifen, die etwa in den albanischen Kosovo reichen, oder nach Bosnien.
Wie angespannt die Lage ist, zeigten Kämpfe im mazedonischen Kumanovo im Mai 2015. 22 Menschen starben, darunter acht Polizisten. Die Regierung gibt „albanischen Terroristen die Schuld“. In Mazedonien, wo ein gigantisches, nachts hell erleuchtetes Kreuz auf dem Berg Vodno thront, gibt es eine große muslimische Minderheit, vor allem Albaner. Das führt zu ethnischen Spannungen.
Mazedoniens Verteidigungsminister, Zoran Jolevski, sagt zur „Presse“, es gebe „keine akute Terrorgefahr“ im Land. Aber er bestätigt, dass sich bisher 70 Personen aus Mazedonien dem IS angeschlossen haben. Ziemlich viele für ein Land, das nur auf dem Papier noch zwei Millionen Einwohner hat, weil eine Auswanderungswelle eingesetzt hat. Doskozil sprach die „Tendenzen zur Radikalisierung“ auf dem Balkan bei seinem Treffen mit Amtskollegen Jolevski an. „Wir sind uns einig, dass wir nicht wegschauen dürfen“, sagte er.
In der Flüchtlingskrise passt indes kein Blatt zwischen die beiden Minister. Mazedonien hatte, angetrieben von Wien, die Grenze zu Griechenland geschlossen „und Österreich, aber vor allem Deutschland damit sehr, sehr geholfen“, so Doskozil. Die führende Rolle Mazedoniens bei der Grenzsicherung wurde nun durch eine Spende von 15 gebrauchten Nachtsichtgeräten (Neuwert: je rund 10.000 Euro) honoriert. „Damit werden wir die mazedonische Grenze, also gleichzeitig die europäische Grenze, besser schützen können“, sagte Jovelski. Mazedonien will die Grenzsicherung als Hebel für den angestrebten EU- und Nato-Beitritt nutzen. Allerdings hat dabei auch Griechenland ein Wörtchen mitzureden, wo nun allein in Idomeni wegen der geschlossenen Grenze 11.000 Flüchtlinge ausharren. Das dürfte das historisch belastete Verhältnis der beiden Länder – Stichwort Namensstreit – nicht eben verbessert haben.
Parlament aufgelöst
Österreichs engster Verbündeter ist nicht nur deshalb ein Sorgenkind: Zehn Stunden bevor Verteidigungsminister Jolevski das von Doskozil überreichte Nachtsichtgerät bewundernd hin- und herwendet, hat sich das Parlament aufgelöst. Der vorzeitige Urnengang (nun: 5. Juni) war zwar nach einem Abhörskandal von der EU mitausverhandelt worden. Die Opposition kündigte aber einen Boykott an, weil sie Wahlbetrug fürchtet und weil die Medien weiter am Gängelband der Regierung hängen sollen.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.04.2016)