"Laufen ist besser als nicht laufen"

Marathonlauf in Wien
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Besser ohne Ohrenstöpsel, bei jedem Wetter, von der Arbeit nach Hause oder gezielt zu Freunden: Beim Laufen hat jeder seine T(r)icks. Aus gegebenem Anlass: Lauftipps aus der Redaktion.

Er ist für viele die erste Hürde in der eigenen Laufsaison: der Vienna City Marathon, für den über 40.000 Menschen heuer wieder (mehr oder weniger) trainiert haben. Der Laufsport an sich gilt ja fast schon als Heilsversprechen: Wer regelmäßig joggt, bleibt jung und gesund. Wenn es nur so einfach wäre. Laufen, das heißt zuerst sich selbst überwinden, nach der Arbeit Zeit finden, passende Strecken und das richtige Sportmaterial auswählen. Denn auch, wenn der Sport für alle gedacht ist, dauert es, bis die Routine stimmt. Wie machen es andere? Sechs Lauftipps von den Marathon-(Staffel-)Teilnehmern aus der „Presse“-Redaktion.

Die Anfänge des Laufens


Mit dem Laufen anzufangen, ist leicht und schwer zugleich. Leicht, weil man sich eigentlich nur Laufschuhe anziehen und lostraben muss. Schwer, weil es dann doch lang, jedenfalls länger als erhofft dauert, bis man das Gefühl hat, tatsächlich vorwärtszukommen. Am Anfang wurde ich von spazieren gehenden älteren Herren und Damen überholt. Wirklich unangenehm war, als mich einmal ein junger Mann nachgeäfft hat – bis dahin wusste ich nicht, dass ich beim Laufen offenbar einer Ente ähnle. Irgendwann – nur Geduld – geht es dann doch und immer schneller und weiter. Der Moment, an dem ich das erste Mal die Paulinenwarte, den höchsten Punkt im Wiener Türkenschanzpark, erlaufen habe, ohne stehen zu bleiben, fühlte sich schon extrem gut an. Auf den Triumph folgte die Niederlage. Schmerzende Knie und eine Physiotherapeutin, die einem sagt, man wird nie einen Marathon laufen können. „Lauf weiter“, rät sie aber. „Laufen ist besser als nicht laufen.“ Soll heißen: Vom Nichtstun wird das Knie auch nicht besser, nur schwächer. Mit dem Laufen aufzuhören wäre ohnehin zu schwer. Bis zur Paulinenwarte und zurück schaffe ich es immer noch. her

Ersatz für die U-Bahn


Der Tag mit seinen 24 Stunden ist eindeutig zu kurz. Neben Arbeit, Haushalt und Freunden (ich rede ja noch gar nicht von Kindern) sollte man in diesen 24 Stunden auch noch Sport unterbringen. Lang war mir absolut nicht bewusst wie. Dann habe ich einen kleinen Trick für mich entdeckt: Statt Straßenbahn und U-Bahn transportieren mich nun immer öfter meine gesunden Beine nach Hause. Beim Nach-Hause-Laufen lässt sich nicht nur gut Zeit sparen, man kann so auch unmittelbar nach der Arbeit gedanklich abschalten. Organisatorisch gibt es allerdings einiges zu bedenken. In der Früh gilt es die Laufsachen mitzunehmen und abends die Handtasche gegen ein hübsches Bauchtascherl für Schlüssel, Geld und Mobiltelefon zu wechseln. Als begeisterte Nach-Hause-Läuferin muss ich nur einen Nachteil einräumen: Mit den Öffis wäre ich eindeutig schneller. j. n.

Jedem seine Strecke


In kaum einer Großstadt gibt es so wenige Ausreden, wenn es um das Finden passender Laufstrecken geht: Im Westen Wiens führt etwa das Wiental hinaus in die Vorstadt, zum Schlosspark nach Schönbrunn. Weiter stadtauswärts geht es neben der Kennedybrücke auf einer brettelebenen, vier Kilometer langen Strecke zum Lainzer Tiergarten. Das Läuferparadies und ehemalige Jagdgebiet des Kaisers bietet Distanzen für Jogger und leistungsorientierte Runner. Letztere können sich an eine Umrundung des Tiergartens wagen (knapp 25 Kilometer). Ebenfalls beliebt sind die Wege auf den Steinhofgründen im 14. Bezirk. Das Laufmekka der Stadt ist freilich der Wiener Prater. Wer es dort lieber einsamer mag, setzt den Lauf Richtung Süden fort, um bei der Steinspornbrücke die neue Donau zu queren. Beim Roten Hiasl beginnt der Einstieg in die Lobau, die auch geübten Läufern ihre Grenzen aufzeigen kann. herbas

Baumfrei joggen


Normalerweise läuft ein Gespräch über gute Laufrouten ja eher so: „Du wohnst in der Nähe des Praters? Hast du es gut!“ Laufen im Grünen, das ist etwas, auf das sogar eingefleischte Städter nicht verzichten wollen. Wenn man nicht so wie ich eine ausgeprägte Allergie hat, die einen schon röcheln lässt, bevor der erste Kilometer erreicht ist. Laufen im Grünen? Danke, nein. Zum Glück lässt sich in Wien ganz herrlich (fast) baumfrei joggen. Die Ringrunde ist zwar nur abends, wenn weniger Autos sind, laufbar – dafür stimmen Distanz und Beleuchtung. Untertags ist der sechzehnte Bezirk zu empfehlen, weil vor dem Wilhelminenberg die Straßen fast gitterförmig angelegt sind – wer sich in der eigenen Stadt gern verläuft, findet hier immer zurück. Noch viel besser ist aber das Ziellaufen. Zumindest für Menschen, die Motivationstiefs haben. Dafür ruft man Freunde an, die in einer ordentlichen Laufdistanz wohnen, und joggt den Weg auf Gehsteigen dorthin. Bei der Ankunft gibt es fix ein Glas Wasser (manchmal auch Kuchen) und ein nettes Gespräch. Zurück geht's mit der Straßenbahn. Den Vorzügen der Stadt sei Dank. win

Die Friedhofsrunde


Wo man läuft, hängt natürlich vom Wohnsitz ab. Im 17. Bezirk hat man es nicht allzu schlecht erwischt. Sehr zu empfehlen ist die Runde entlang der Alszeile, vorbei an Friedhöfen und mit Blick auf den Wiener Sportklub. Natürlich kann man die flache Alszeile bis zu deren Ende in die Dornbacher Straße laufen und dann weiter Richtung Neuwaldegg den Wiener Wald erkunden. Oder aber man biegt am Anfang der Alszeile – beim Imbiss Karin – in den doch recht steilen Grünbeckweg ein, zwischen dem Dornbacher und Hernalser Friedhof. Oben angelangt geht es dann links in die Czartoryskigasse, zum Beispiel bis zum Schafbergbad und wieder zurück. Auf dem Grünbergweg bergab gibt es dann einen schönen Blick auf die Stadt und den Sportklubplatz zur Belohnung – die verlängerte Friedhofstribüne sozusagen. ks

Bloß kein Laufband


Nachdem ich jahrelang bei diversen Hobbyläufen an meinen zu hoch gesteckten Zeitzielen gescheitert bin, hat sich meine Einstellung zum Laufen verändert. Ich genieße lange, langsame Läufe zunehmend. Zwei Dinge gehen bei mir gar nicht: Laufband und Ohrenstöpsel. Ich will raus, bei jedem Wetter – solange nicht Verletzungsgefahr besteht, etwa durch Glatteis. Vogelgezwitscher, untergehende Sonne, doppelte Regenbögen – durch das Laufen wird aus kitschigen Bildern Wirklichkeit. Der wichtigste Tag ist der nach dem Wien-Marathon: Da melde ich mich für den nächsten Lauf an und hantle mich durch das Laufjahr. Ich kenne kein wirksameres Mittel der Motivation, um den Faulpelz in mir dauerhaft zu besiegen. phu

Marathon

Vienna City Marathon. Mehr als 40.000 Läufer werden an dem Event teilnehmen.

Der Lauf hat mittlerweile Tradition. Er fand 1984 das erste Mal statt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.04.2016)

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