Der umgängliche Bad Cop

Austria's Interior Minister Mikl-Leitner addresses a news conference in Vienna
Austria's Interior Minister Mikl-Leitner addresses a news conference in ViennaREUTERS
  • Drucken

Fünf Jahre war Johanna Mikl-Leitner Innenministerin. Zuerst im Asylbereich allein gelassen, trat sie zuletzt mit SPÖ-Minister Doskozil im Duett auf.

Man kann es sich richtig gut vorstellen. Johanna Mikl-Leitner, die Landespolitikerin. Mikl-Leitner, die Landeshauptfrau. Auf Menschen zuzugehen, volksnah zu wirken, das war für die 52-jährige Niederösterreicherin noch nie ein Problem. Ein Schulterklopfer hier, ein Scherz da, schon ist sie mit ihrem Gegenüber im Gespräch.

So freundlich sie im persönlichen Umgang ist, so hart ist ihr politischer Stil. Als Innenministerin machte Mikl-Leitner zuletzt unter anderem wegen ihrer harschen Rhetorik international auf sich aufmerksam. Mikl-Leitner forderte eine „Festung Europa“, wollte die „Außengrenzen hochziehen“ und den „Asylexpress Österreich“ verlangsamen.

Dass sie die Rolle des Bad Cop übernehmen sollte, war schon bei ihrer Angelobung im Jahr 2011 klar: Als Innenministerin ist sie für die Themen Flucht, Asyl (und Abschiebungen) verantwortlich. Das softere Thema Integration überließ sie dem neuen Staatssekretär Sebastian Kurz. Heute ist er nicht nur Außenminister, sondern zusammen mit Mikl-Leitner für die Verschärfungen der Asylgesetze zuständig.

Bis Mikl-Leitner aber Unterstützung im Flüchtlingsbereich bekam, dauerte es Monate. Bund, Länder und Regierung ließen sie lange Zeit mit dem Thema allein. Schon 2014 forderte die Ministerin die Bundesländer dazu auf, genügend Plätze für Asylwerber zu schaffen. Immer wieder stellte sie den Landeshauptleuten ein Ultimatum. Immer wieder wurde sie überhört.


Auf Konfrontationskurs. Dass die Koalition so lang ratlos bei dem Thema schien, liegt also auch an der zuständigen Ministerin. Aber eben nicht nur.

Lange Zeit war Mikl-Leitner auch mit ihrem Verhandler auf SPÖ-Seite, dem damaligen Verteidigungsminister Gerald Klug, auf Konfrontationskurs. Bestes Beispiel: Mikl-Leitner preschte mit der Idee vor, einen Zaun in Spielfeld errichten zu wollen. Der Heeresminister präsentierte daraufhin seine eigenen Pläne für den Grenzübergang in der Steiermark.

Mit dem neuen Verteidigungsminister wechselte die SPÖ aber auch ihre Linie in der Asylpolitik: Plötzlich verkündete Mikl-Leitner gemeinsam mit Hans Peter Doskozil, an zwölf weiteren Übergängen Barrieren errichten zu wollen. Der nächste Schritt waren schärfere Asylgesetze.


Strikte Gesetze. Strengere Regelungen beim Familiennachzug und ein befristetes Aufenthaltsrecht für Asylwerber sind nur ein Teil der Novelle. Im Eilverfahren, ohne in einer Begutachtung Änderungswünsche zuzulassen, will die Koalition nun laut „Standard“ ihre jüngsten Ideen vom Parlament beschließen lassen: Damit sollen ab Mitte Mai Asylanträge nur noch an der Grenze gestellt werden können. Bearbeitet werden sie nur noch in Ausnahmefällen – etwa wenn sich die Kernfamilie bereits in Österreich befindet.

Die Gesetzesänderungen sind zwar umstritten. Doch das einheitliche Auftreten der Regierung verbesserte das angeschlagene Image der Innenministerin (sehr) sanft nach oben. Ein geschickter Zug gelang Mikl-Leitner auch noch, als sie nach den Terroranschlägen in Paris 2015 knappe 290 Millionen Euro für ihr Ministerium bekam.

Dass ihr Ressort das schwierigste ist, sagte Mikl-Leitner bereits 2014. Und das, obwohl die Lage in diesem Jahr noch um einiges entspannter war. Damals gab es lediglich einen kurzen Aufschrei, als sie etliche Polizeidienststellen schließen ließ.

Steckbrief

1964 wurde Johanna Mikl-Leitner in Hollabrunn geboren. Sie hat eine Zwillingsschwester.

In Wien studierte sie Wirtschaftspädagogik, sie unterrichtete und arbeitete in der Unternehmensberatung.

Seit 2003 war sie nach vier Jahren im Nationalrat Landesrätin in Niederösterreich.

Am 21. April 2011wurde sie im Zuge der Regierungsumbildung des Kabinetts Faymann als Innenministerin angelobt.

Seit 2011 ist die Mutter zweier Töchter auch Chefin des ÖAAB.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.04.2016)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Mitterlehner und Pühringer
Politik

Pühringer: "Mitterlehner steht nicht zur Diskussion"

Oberösterreichs Landeschef verteidigt den Vizekanzler und lobt den künftigen Innenminister Sobotka. Hofburg-Kandidat Khol hat "sich bei Pröll für dieses Fest bedankt".
ÖVP-Obmann und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner
Politik

Mitterlehner: "Ich nehme an, dass ich der Chef bin"

Er sei oftmals mit "Konstellationen konfrontiert, die nicht immer erfreulich sind", sagt der ÖVP-Chef. Hofburg-Kandidat Khol sieht Österreich als "Opfer des Nationalsozialismus".
Demonstrative Harmonie zwischen Erwin Pröll und Hofburgkandidat Andreas Khol beim Wahlkampftermin in Grafenegg.
Innenpolitik

Prölls Entschädigung für Khol

Nachdem er den Wahlkampf konterkariert hatte, bot Erwin Pröll die „volle Präsenz“ seiner Landespartei für Andreas Khol auf. Verraucht ist der Unmut in Teilen der Partei allerdings nicht.
�VP BUNDESPARTEILEITUNG: SOBOTKA
Innenpolitik

Wolfgang Sobotka – ein Spekulant?

Der neue Innenminister war in Niederösterreich für die Veranlagung der Wohnbauförderungsmittel verantwortlich und wird dafür heftig kritisiert – das verfolgt ihn auch in die Bundespolitik.
Sobotka, Mitterlehner, Mikl-Leitner, Pröll
Politik

Personalnachbeben: „ÖVP ist nicht Achse St. Pölten – Linz“

Der steirische ÖVP-Landesrat Drexler warnt die ÖVP vor einer Verengung. ÖVP ist im Bund und in Niederösterreich nach Wechsel im Innenressort um Beruhigung bemüht.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.