Finanzierungsagentur: "Es war das System Grasser"

Karl-Heinz Grasser
Karl-Heinz Grasser(c) APA (Robert Jaeger)
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Die SPÖ und die Opposition wollen die politische Verantwortung im Fall der Spekulationsgeschäfte der Bundesfinanzierungsagentur klären. Vorwürfe werden gegen die VP-Finanzminister Grasser, Molterer und Pröll laut.

Nach den Spekulationsverlusten mit Steuergeldern bei der Bundesfinanzierungsagentur setzt sich der Reigen von Schuldzuweisungen fort. "Es war das System Karl-Heinz Grasser, das den Kassenstand von knapp fünf auf 27 Milliarden Euro gesteigert hat, um mit dem Geld zu spekulieren", sagt SP-Finanzstaatssekretär Andreas Schieder. Grassers Nachfolger Wilhelm Molterer habe diese "Machenschaften" immerhin abgestellt. Ob das früh genug war, will Schieder nicht beurteilen.

ÖBFA: "Vorwürfe einfach nicht fair"

Sektionschef Gerhard Steger vom Finanzministerium, der auch Aufsichtsrats-Vorsitzender der Bundesfinanzierungsagentur (ÖBFA) ist, rechtfertigt jedenfalls die Vorgehensweise im "Ö1-Mittagsjournal". Aufgabe der ÖBFA ist es, die Schulden des Staates zu managen. Dazu wird auch Geld aufgenommen und kurzfristig veranlagt.

Die ÖBFA habe etwa den Zinsaufwand des Bundes zwischen 2002 und 2007 um rund drei Milliarden Euro reduziert, erklärt er. Der Eindruck, dass in der ÖBFA Steuergeld verschleudert würde, sei "vollkommen jenseitig" und "einfach nicht fair". Die gewählten Veranlagungen waren zudem von den Ratingagenturen als sehr sicher bewertet worden, so Steger.

Pröll will Expertengruppe

VP-Finanzminister Josef Pröll will eine Expertengruppe damit beauftragen, Richtlinien für künftige Veranlagungen des Bundes auszuarbeiten. "So soll das Risikomanagement der Bundesfinanzierungsagentur optimiert werden", sagt Pröll laut Aussendung. Man ziehre weitere Konsequenzen aus dem Rechnungshofbericht, heißt es.

Schwachstellen, die der Rechnungshof bei den Veranlagungen des Bundes aufgezeigt habe, seien schonungslos zu beseitigen, so Pröll. Allerdings habe der Rechnungshof der Bundesfinanzierungsagentur generell ein gutes Zeugnis ausgestellt, betonte der Finanzminister.

Kommt U-Ausschuss?

Indes fordern FPÖ, BZÖ und Grüne einen Untersuchungsausschuss. Für SP-Bundeskanzler Werner Faymann stellt sich diese Frage aber derzeit nicht. Sollte es dafür keine Mehrheit geben, will der Grüne Werner Kogler, Vorsitzender des parlamentarischen Rechnungshofausschusses, die früheren Finanzminister Karl-Heinz Grasser und Wilhelm Molterer sowie Amtsinhaber Josef Pröll noch vor September im Ausschuss befragen.

Da während der Sommerpause Ausschüsse auf Eis gelegt sind, "brauchen wir eine Permanenzerklärung", um auch während der Sommermonate arbeiten zu können. Er nehme an, dass auch die anderen Parteien dem zustimmen.

Vorwürfe an drei VP-Finanzminister

Konkrete Vorwürfe macht er allen drei VP-Finanzministern:

  • Unter Grasser seien die Richtlinien mit der Beimischung von Spekulationsgeschäften konzipiert worden, und Grasser habe mit Kurt Sumper (Anm.: Im Oktober 2006 hatte Grasser Kurt Sumper zum Ko-Geschäftsführer der ÖBFA bestellt. Sumper ist der Cousin von Beate Sumper, der Exfreundin von Grasser) auch eigene Leute "reingedrückt".
  • Bei Molterer seien die Geschäfte nicht gestoppt, aber gebilligt worden. Molterer trage damit zwar die "formale Verantwortung" für diese Zeit, aber "es ist schon die Frage, wie weit Molterer von den Dingen tatsächlich in Kenntnis gesetzt wurde", zeigt sich Kogler vorsichtiger. Zudem sei die Grasser-Richtlinie und das Grasser-Management hauptausschlaggebend gewesen, "ob Molterer extra angeschoben hat, kann ich mir schwer vorstellen".
  • Josef Pröll "im Parlament nachweislich die Unwahrheit gesagt". Pröll habe "ein Motiv gehabt, die Unwahrheit im Parlament zu sagen, damit der ganze Schwindel unter der Tuchent bleibt", so Kogler.

Grasser: "In meiner Zeit gab es keine Verluste"

Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser weist die Vorwürfe im "Ö1-Mittagsjournal" zurück: "In meiner Zeit gibt es keinen Euro Verlust, sondern Größenordnung vier Milliarden Euro an Zinsgewinnen." Außerdem würden sich die Finanzminister in das Geschäft der Bundesfinanzierungsagentur nicht unmittelbar einmischen, dort gebe es einen verantwortlichen Vorstand und Aufsichtsrat. "Erfolgreicher als es der Bundesfinanzierungsagentur in meiner Zeit gelungen ist zu wirtschaften, das hat sie davor und danach nicht gemacht", so Grasser.

(Red./Ag.)

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