ÖVP-Rochade: Lopatka lobt "Profi" Sobotka, Pilz fordert Hearing

Lopatka und Schelling
Lopatka und Schelling APA/ROBERT JAEGER
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Der ÖVP-Klubchef lobt den designierten Innenminister Sobotka. Auch Finanzminister Schelling sieht der Zusammenarbeit freudig entgegen. Der Grüne Pilz hat indes nur Kritik für den "spekulierenden Musikschullehrer".

Die ÖVP lässt keinen Zweifel daran, dass die Rochade zwischen Innenministerium und niederösterreichischer Landesregierung auf Wohlgefallen stößt. Klubchef Reinhold Lopatka lobte den designierten Ressortchef Wolfgang Sobotka als "Profi", der nahtlos an die Politik von Johanna Mikl-Leitner anschließen werde. Er habe daher "null Probleme" mit dem in St. Pölten fixierten Wechsel.

Auch Finanzminister Hans Jörg Schelling sieht der Zusammenarbeit freudig entgegen. Das mag überraschen, gelten doch der Finanz- und der neue Innenminister nicht unbedingt als politische Freunde. Vor einigen Monaten hatte Sobotka Schelling noch in einem Streit um die Folgen der Heta-Pleite gedroht: "Bei Philippi sehen wir uns wieder." Zumindest nach außen lässt den Finanzminister das heute kalt. Vielmehr betonte er in einer Aussendung: "Schon bei der Gesundheitsreform als auch bei den Vorbereitungen zum neuen Finanzausgleich hat Wolfgang Sobotka Handschlagqualität bewiesen." Er sei überzeugt, dass Sobotka auch als Innenminister mit Fachwissen und Umsicht agieren werde.

ÖVP-Präsidentschaftskandidat Andreas Khol findet indes nicht, dass ihm seine Partei mit der jüngsten Personalrochade in die Wahlkampf-Suppe spuckt. "Ich bin weder verärgert noch beleidigt", hielt er im Ö1-"Mittagsjournal" fest. Vielmehr sei er "guten Mutes", denn entsprechende Negativ-Berichte würden seine Unterstützer noch stärker anspornen. Oberösterreichs Landeshauptmann Josef Pühringer (ÖVP) sah Khols Chancen durch den Wechsel ebenfalls nicht beeinflusst. "Ich kann nicht verstehen, wie mich das beeindrucken soll, ob ich für Kandidat A, B oder C bin, wenn die ÖVP den Innenminister austauscht", so Pühringer.

Pilz verlangt Sobotka-Hearing im Innenausschuss

Heftige Kritik hat hingegen der Grüne Sicherheitssprecher Peter Pilz geübt. Er nannte Sobotka einen "spekulierenden Musikschullehrer" und verlangte ein Hearing im Innenausschuss. Sollte sich Sobotka nicht den Fragen der Abgeordneten stellen, werde man ihn mit einem Misstrauensantrag im Nationalrat empfangen, kündigte Pilz an. Denn, der Landespolitiker habe mindestens "eine Milliarde Euro an Wohnbaugeldern verzockt", Sobotkas Spuren würden in Offshore-Gebiete wie Malta, die Kanalinseln und auf die Cayman-Islands führen.

Die Vorwürfe waren erstmals 2008 aufgetaucht und besagten, dass NÖ-Wohnbaugelder hochspekulativ veranlagt worden seien. In der Folge griffen die Grünen die Anschuldigungen auf und kritisierten beispielsweise 2013 in einer Dringlichen Anfrage, dass Landeshauptmann Erwin Pröll und Finanzlandesrat Sobotka im Zusammenhang mit Veranlagungen der Wohnbaugelder die Finanzverwaltung eines der größten Bundesländer "in ein Casino" verwandelt hätten.

Vom großen Einbruch an den Finanzmärkten 2008 hätten sich die niederösterreichischen Veranlagungen bis heute nicht erholt, hieß es damals in der Begründung der Dringlichen. Eine zukünftige Erholung werde auch dadurch beinahe unmöglich gemacht, "dass in immer größerem Ausmaß die verbleibenden Werte zum Stopfen niederösterreichischer Budgetlöcher verwendet wurden". Der Rechnungshof habe einen Fehlbetrag per 31.12.2008 von 996,79 Mio. Euro errechnet. Als der Milliardenschaden nicht mehr zu leugnen gewesen sei, hätten die Verantwortlichen "durch die Gründung von Offshore-Gesellschaften zur 'Auslagerung' verlustbehafteter Papiere das Desaster zu verschleiern" versucht. Dadurch sei der Schaden noch zusätzlich erhöht worden, betonten die Grünen damals. Die ÖVP hatte die Vorwürfe bisher stets auf das Schärfste zurückgewiesen.

Pilz betonte nun, dass die Vorwürfe längst mit einem Untersuchungsausschuss aufzuklären gewesen wären. Sobotkas Bestellung sei nicht hinzunehmen.

Ressortübernahme

Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) wird am 21. April im niederösterreichischen Landtag nicht nur zur Landeshauptmann-Stellvertreterin gewählt. Sie wird nach Parteiangaben auch die Ressorts von Wolfgang Sobotka (ÖVP) in der niederösterreichischen Landesregierung übernehmen, der ihr als Innenminister folgt. Mikl-Leitners Zuständigkeiten in St. Pölten werden demnach Finanzen, Wohnbau und Arbeit sein.

Mikl-Leitner legt nach ihrer Rückkehr in die niederösterreichische Landespolitik auch das Amt der ÖAAB-Obfrau zurück. Wie es aus ihrem Büro hieß, wird sich die künftige Landeshauptmann-Stellvertreterin darum bemühen, im nächsten Bundesvorstand einen geschäftsführenden Obmann zu küren.

Für ihre Wahl zur Landeshauptmann-Stellvertreterin - mit Karin Renner (SPÖ) bekleidet eine weitere Frau dieses Amt seit 24. April 2013 - benötigt die 52-Jährige mehr als 50 Prozent der Stimmen. Das ist angesichts der absoluten Mehrheit der ÖVP im niederöstereichischen Landtag (30 der 56 Sitze) jedenfalls gesichert.

(APA)

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