Das Gericht stoppt den Plan von BWT-Chef Weißenbacher, das Unternehmen ohne Squeeze-out von der Börse zu nehmen.
Wien. Die Aussage, Österreichs Aktionärskultur sei unterbelichtet, dürfte nur auf wenige Gegenstimmen stoßen. Umso aufsehenerregender ist ein Gerichtsurteil, das Kleinaktionären im Kampf um ihre Rechte den Rücken stärkt. Es geht um den Wasseraufbereitungsspezialisten BWT, bei dem sich Mehrheitseigentümer und Vorstandschef Andreas Weißenbacher und der Streubesitz seit einem Dreivierteljahr harte Gefechte liefern.
Die BWT-Aktionäre haben im Rechtsstreit mit Weißenbacher nun einen Sieg errungen, der für ähnliche Verfahren richtungsweisend sein könnte. Das Landesgericht Wels hat in erster Instanz der Anfechtung in allen Punkten Folge geleistet. Was ebenfalls bemerkenswert ist: Nicht einmal eine Woche nach der Verhandlung liegt das Urteil vor. Das heißt: Weißenbachers Plan, die BWT ohne Gesellschafterausschluss (Squeeze-out) von der Börse zu nehmen, ist vorerst gescheitert.
Widerstand lohnt
„Das ist ein großer Erfolg für die wenig ausgeprägte Aktionärskultur in Österreich“, sagt dazu Rechtsanwalt Georg Vetter. Und der Präsident des Interessenverbands für Anleger, Wilhelm Rasinger, ergänzt: „Das Urteil zeigt, dass es sich lohnt, als Kleinaktionär gegen ,kreative Lösungen‘ zulasten des Streubesitzes vorzugehen und Widerstand zu leisten.“
Der BWT-Boss, der für eine Stellungnahme nicht erreichbar war, dürfte in Revision gehen.
Die Vorgeschichte: Weißenbacher will die börsenotierte BWT AG mit der nicht notierten BWT Holding AG verschmelzen und im Zuge dessen von der Börse nehmen. Der entsprechende Beschluss in der Hauptversammlung vom 25. August 2015 wurde jedoch von den Kleinaktionären, die gleich drei Anwaltskanzleien (Vetter, Hochedlinger-Luschin&Partner und Leitner & Partner) bemühten, angefochten. In einem ersten Schritt hat schon der Firmenbuchrichter die Verschmelzung nicht in das Firmenbuch eingetragen. Der entsprechende Rekurs Weißenbachers wurde im Herbst vom Oberlandesgericht Linz abgelehnt.
Die Kleinaktionäre, die laut Firmenbuch rund 15 Prozent halten, sind der Meinung, dass laut bestehender Rechtslage ein Delisting nur über einen Squeeze-out erfolgen kann. Dabei erhielten sie eine Barabfindung – die sich Weißenbacher bei der Verschmelzung ersparen würde. Für einen Squeeze-out brauchte Weißenbacher allerdings mehr als 90Prozent der Aktien, derzeit hält er bzw. seine Stiftung rund 78Prozent. Sechs Prozent sind firmeneigener Besitz.
Die Kleinaktionäre haben freilich auch die Entlastung Weißenbachers angefochten. Auch diesem Ansinnen hat Richterin Maria Elisabeth Schindler vom LG Wels nun stattgegeben, wie aus dem der „Presse“ vorliegenden Urteil hervorgeht. Ein Faktum, das in Österreichs Börsengeschichte ebenfalls Seltenheitswert besitzt. Die Richterin hat übrigens auch den Antrag des von der Kanzlei Dorda Brugger Jordis vertretenen BWT-Chefs auf Erhöhung des Streitwerts auf 5,035 Millionen Euro abgewiesen.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.04.2016)