Mehr Soldaten, mehr Gehalt: Faymann und die Sicherheitsmilliarde

Mehr Soldaten – und mehr Geld für die Soldaten: Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil und Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) kündigten am Mittwoch mindestens eine Milliarde Euro mehr an.
Mehr Soldaten – und mehr Geld für die Soldaten: Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil und Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) kündigten am Mittwoch mindestens eine Milliarde Euro mehr an. (c) APA/ROLAND SCHLAGER
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Der Bundeskanzler entdeckt das Thema Heer für sich: Bis 2020 soll es eine Milliarde Euro mehr erhalten.

Wien. Der Verputz an den Außenwänden bröckelt schon. Rund um ein Gebäude steht ein verstaubtes Baugerüst. Den Anschein, dass es in der jüngsten Vergangenheit benutzt wurde, erweckt es aber nicht.

Alles an der Heckenast-Burian-Kaserne in Wien Meidling schreit danach: Das Bundesheer braucht mehr Geld. Auch der Kommandant, der die Besucher an diesem Mittwochvormittag herumführt: „Wir hätten einen Instandhaltungsbedarf von mehreren Millionen Euro“, erklärt er. „Unser Budget liegt aber seit Jahren darunter.“ Nachsatz: „Wir müssen hier investieren.“

Man muss also kein strategisches Genie sein (oder die Einladung für den Pressetermin gelesen haben), um zu erahnen, warum sich Werner Faymann und Hans Peter Doskozil gerade diese Liegenschaft als Kulisse für ihren Besuch ausgesucht haben. Die Kaserne soll stellvertretend für den Sparkurs stehen, der dem Heer in den vergangenen Jahren auferlegt wurde. Einen Sparkurs, den Kanzler und Verteidigungsminister nun zu einem Teil zurücknehmen wollen.

Keine „kleinkarierte Wadlbeißereien“

Faymann, bisher nicht zwingend einer der größten Verteidiger des Wehretats, verkündet: Die Truppe soll bis zum Jahr 2020 zwischen „einer und 1,3 Milliarden Euro“ mehr Budget bekommen. Die SPÖ sei mit Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) „in den Schlussverhandlungen“. Vor allem die Flüchtlingskrise, aber auch die Terrorangriffe seien neue Herausforderungen für Österreich. „Wenn man glaubt, dass die Sache vorbei ist, begeht man einen schweren politischen Fehler“, meint der Kanzler.

Das zusätzliche Geld stelle jedenfalls eine „besondere Leistung auch in den Verhandlungen mit dem Finanzministerium“ dar. Faymann sieht in der Einigung einen Beleg für die „gute Zusammenarbeit“ und „Gemeinsamkeit“ in der Regierung: „Wir können kleinkarierte Wadlbeißereien nicht gebrauchen“, sagt er. Übrigens ist der Sonderinvest von 350 Millionen Euro bis 2019, der Ende 2014 beschlossen wurde, in der Sicherheitsmilliarde nicht inkludiert.

Was aber tatsächlich mit dem Budget passieren soll, will Doskozil noch nicht verraten. Nur so viel sei gesagt: Bei der Miliz, der Mobilität, Aufrüstung und Infrastruktur soll sich einiges ändern. Außerdem denkt er höhere Gehälter an. Was er damit konkret meint, führt er nicht aus. Möglich wären aber höhere Einstiegsgehälter für junge Soldaten, um eine größere Konkurrenz für die Polizei zu sein. 25 bis 30 Prozent des Geldes soll daher in diesen Bereich fließen. Denn die Truppe sucht dringend nach Personal: In den vergangenen Jahren ist der Stand der Vollzeitäquivalente laut Doskozil von 33.000 auf 21.500 gesunken. Das nächste Jahr hätte eine weitere Reduktion auf 20.500 bringen sollen, das wolle man aber vermeiden.

Von 2200 auf 6000 Soldaten

Bei den schnell verfügbaren Kaderpräsenzeinheiten, die auch im Grenzeinsatz sind, will er ohnehin aufstocken: Derzeit gibt es 2200 Männer und Frauen in diesem Bereich. In (einer nicht näher definierten) Zukunft sollen es 6000 Soldaten sein.

Das ist eine Maßnahme des Pakets, das Doskozil Anfang März präsentiert hat: Zusammen mit Generalstabschef Othmar Commenda hat er ein Reformkonzept vorgelegt. „Die Zentralstelle“, also das Ministerium, soll schlanker organisiert werden. Auch in der Truppe würde umgebaut werden: Das Streitkräfteführungskommando soll es nicht mehr geben. Es könnte geteilt werden – in ein „Kommando Land“ und ein „Kommando Luft“. Das würde die Befehlskette im Ernstfall verkürzen. Und: Die Militärkommanden (also quasi die Landesstellen der Truppe) und die Miliz (bei der sich Soldaten, die einen zivilen Hauptberuf haben, engagieren) sollen aufgewertet werden.

Diese Maßnahmen wollte Doskozil allerdings nur als erste Diskussionsgrundlage verstanden wissen: Änderungsvorschläge aus seinem Ressort seien erwünscht. Bis 10. Juni will er das endgültige Konzept präsentieren. Anfang des kommenden Jahres könnte es dann bereits in Kraft treten.

Allerdings ist der Plan auch von der Finanzierung abhängig – und tatsächlich paktiert ist die Sicherheitsmilliarde noch nicht. Der Finanzrahmen wird erst am 26. April vorgelegt. Das ist wohl auch einer der Gründe, warum Faymann und Doskozil das Zusatzbudget für das Heer so aktiv kommunizieren. Gibt die ÖVP in Person von Finanzminister Schelling nach, kann die SPÖ dem Koalitionspartner die Schuld in die Schuhe schieben.

Nicht ganz unwichtig für den Zeitpunkt dürfte aber wohl auch die Bundespräsidentschaftswahl am 24. April sein: um den Wählern zu signalisieren, dass die SPÖ für den Grenzschutz und ein starkes Heer eintritt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.04.2016)

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