Niessl: "Diese Entsenderichtlinie gehört eingestellt"

Burgenlands Landeshauptmann Hans Niessl (SPÖ)
Burgenlands Landeshauptmann Hans Niessl (SPÖ) APA/ROLAND SCHLAGER
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Burgenlands Landeschef fordert von der Bundesregierung eine Schutzklausel für heimische Arbeitnehmer. AMS-Chef Kopf hält eine Abschaffung der Richtlinie für "rechtlich nicht realistisch".

Burgenlands Landeshauptmann Hans Niessl (SPÖ) möchte bestimmte billiglohnbedrohte Branchen in Österreich für ausländische Arbeitskräfte schließen. Konkret will er die sogenannte Entsenderichtlinie, eine EU-Regel, abschaffen, wie er am Donnerstag im Ö1-"Morgenjournal" sagte. Unterstützt wird er dabei vom Landeskoalitionspartner FPÖ und der Liste Burgenland. AMS-Chef Johannes Kopf ist dagegen.

Niessl fordert von der Bundesregierung in Wien, sie möge sich für eine Schutzklausel für heimische Arbeitnehmer stark machen. Die Entsenderichtlinie führe zu Wettbewerbsverzerrungen sowie Sozial-und Lohndumping - nämlich dann, wenn für Arbeiten in Österreich etwa der ungarische Kollektivvertrag angewendet werde. "Ich finde, diese Entsenderichtlinie gehört überhaupt eingestellt", so Niessl.

Steigt die Arbeitslosigkeit weiter, müsse es eine temporäre und sektorale Limitierung geben, so Niessl. In den Nachbarländern sehe der Kollektivvertrag in der Baubranche 400 Euro vor, in Österreich das Dreifache. In bestimmten Branchen solle es daher - wenn die Arbeitslosigkeit zu hoch ist - einen generellen Stopp geben, fordert der burgenländische Landeshauptman und verweist auch auf Flüchtlinge mit Asylstatus, die zusätzlich auf den Arbeitsmarkt drückten.

"Brüssel hat in der Vergangenheit versagt"

Dem Einwand, dass er mit der Forderung nach einer teilweisen Schließung des Arbeitsmarkts für EU-Ausländer an einem Grundpfeiler der Europäischen Union, der Personenfreizügigkeit, rüttelt, entgegnete er: "Also Brüssel hat in der Vergangenheit versagt, als es darum ging, sehr solidarisch die Flüchtlingsfrage zu klären."

Die rot-blaue Landesregierung in Eisenstadt will in der heutigen Landtagssitzung via Entschließung diese Forderungen offiziell an die Regierung in Wien richten. Der Titel: "Schutz und Fairness für burgenländische Arbeitnehmer und Unternehmen". Verlangt wird, neben den Schutzzäunen für bestimmte Arbeitsmarktbereiche, dass Wien dafür sorgen möge, dass von ausländischen Firmen nach Österreich entsendete Dienstnehmer auch österreichische Sozialabgaben zahlen müssen. Weiters solle die Bundesregierung Einschränkungen bei jenen Sozialleistungen vornehmen, die im Ausland lebenden Angehörigen von in Österreich arbeitenden Ausländern erhalten. Schließlich will das offizielle Burgenland mehr Finanzpolizisten.

Kopf: Abschaffung "rechtlich nicht realistisch"

AMS-Chef Kopf hält die Abschaffung der Entsenderichtlinie für "rechtlich nicht realistisch", wie er im Ö1-"Morgenjournal" des ORF Radio erklärte. "Die Abschaffung ist aus meiner Sicht wirtschaftlich für ein exportorientiertes Land wie Österreich unsinnig."

Sehr wohl sieht der Chef des Arbeitsmarktservices aber Überarbeitungsbedarf. "Ich glaube schon, dass man auch auf europäischer Ebene etwa über die Frage diskutieren kann, ob es wirklich notwendig ist, dass Entsendungen zeitlich unbefristet möglich sind." Wenn beispielsweise ein Unternehmen aus dem "südlichen Ausland" in Österreich für vier Jahre einen größeren Auftrag habe und Arbeitskräfte hierher schicke, "wäre es schon recht, dass die auch hier angemeldet werden und auch hier Sozialversicherung zahlen."

Zum Burgenland meinte Kopf, es sei das Bundesland, das vom EU-Beitritt am meisten profitiert habe. Probleme mit ausländischen Arbeitskräften habe "der ganze Osten Österreichs". "Wir haben tatsächlich eine Verdrängung am Arbeitsmarkt."

>>> Bericht im Ö1-"Morgenjournal"

(APA)

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