30.000 Menschen fliehen vor einer Offensive des sogenannten Islamischen Staats in Nordsyrien in Richtung Türkei, berichtet Human Rights Watch. Die Türkei hält die Grenzen gesperrt.
Eine neue Flüchtlingswelle zieht vom Norden Syriens in Richtung Türkei: Mindestens 30.000 Menschen seien innerhalb der letzten 48 Stunden zur Flucht gezwungen worden, berichtet die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW). Zehntausende fliehen vor Kämpfen zwischen dem sogenannten "Islamischen Staat" und syrischen Rebellen rund um die Stadt Dabiq, berichtet der Guardian. HRW forderte die Türkei auf, die Grenze für die Flüchtlinge zu öffnen.
Die Rebellengruppen dürften von der IS-Offensive überrascht worden sein. Die oppositionellen Milizen waren schon bis zu acht Kilometer auf Dabiq vorgerückt, als die Terrormiliz zurückschlug. Seit drei Jahren waren die Rebellen nicht mehr so weit zu der Stadt im Bezirk Aleppo vorgedrungen. Dabiq hat eine große symbolische Bedeutung für den IS. Im 3000-Einwohner-Ort soll den IS-Ideologen zufolge eine Endzeit-Schlacht zwischen den Männern des Lichts und der Finsternis stattfinden.
Grenzbeamte schießen auf Flüchtlinge
Die Terrormiliz habe mehrere Flüchtlingslager an der Grenze zur Türkei östlich der Grenzstadt Azaz überrannt. Drei der Camps seien nun menschenleer, berichtet HRW. Der IS habe die Flüchtlinge in den Camps aufgefordert, in die von ihm kontrollierten Gebiete zu ziehen, berichtet ein Augenzeuge. Stattdessen seien sie in Richtung türkischer Grenze geflohen. Dort hätten türkische Soldaten auf die rund 2000 Menschen in seiner Gruppe geschossen, berichtet der Mann. Die Menschen hätten Angst, in andere Lager in der Nähe zu fliehen - denn auch dort könnten die Jihadisten bald ihr Unwesen treiben.
Seit Anfang 2015 habe die Türkei seine Grenzen für syrische Flüchtlinge versperrt, sagt HRW. Die Menschenrechtsorganisation berichtet von türkischen Grenzbeamten, die Flüchtlinge zurück nach Syrien drängten und sie zum Teil schwer verprügelten.
Stillstand bei Friedensverhandlungen
Am Freitag werden in Genf die Verhandlungsführer der syrischen Regierung erwartet, um mit Vertretern der Rebellen die Friedensgespräche unter Aufsicht der UNO fortzusetzen. Die beiden Parteien verharren jedoch in gegenseitiger Blockade. Zwar könne man sich eine Übergangsregierung mit Mitgliedern des Kabinetts von Präsident Bashar al-Assad vorstellen, sagte der Sprecher der Verhandlungsgruppe der Rebellen, Salim al-Muskat. Assad selbst könne ihr aber nicht angehören. Die Regierung in Damaskus hat dagegen Veränderungen der Präsidentschaft ausgeschlossen.
Der UNO-Gesandte Staffan de Mistura forderte die Teilnehmer zu einem neuen Bekenntnis zu dem brüchigen Waffenstillstand auf, der Voraussetzung der Friedensgespräche ist. Es habe ernsthafte Zwischenfälle gegeben, aber noch "kein Buschfeuer". Ziel sei es, Regelungen für eine Übergangszeit zu vereinbaren.
>>> Bericht von Human Rights Watch.
(APA/AFP)