Von der Parodie zur Staatsaffäre

Der parlamentarische U-Ausschuss steht vor einer Bewährungsprobe.

Was als Agentenparodie begonnen hat, wächst sich schön langsam zu einer der größten Politaffären der Zweiten Republik aus – vorausgesetzt, die Dinge stimmen nur halbwegs, die jetzt kolportiert werden. Der Geheimdienst eines eher unbedeutenden asiatischen Landes hält enge Kontakte mit einem Politiker einer Regierungspartei – und verschafft sich über diesen die notwendigen Informationen für eine geplante Entführung? Gleichzeitig gelingt es ihm, die größte Oppositionspartei (gegen Geld?) für sich einzuspannen? Noch dementieren alle Beteiligten, und man würde ihnen gerne glauben, dass das alles nicht so abgelaufen ist.

Jetzt ist die Justiz gefordert, rasch aufzuklären. Und es ist gut, dass ein Untersuchungsausschuss eingesetzt wurde – auch, weil die Justiz nicht über alle Zweifel erhaben ist. Umso wichtiger ist es, dass der U-Ausschuss selbst sauber arbeitet und nicht durch persönliche Interessen befangen ist. Vorsitzender Martin Bartenstein ist zweifellos ein respektabler Politiker – aber er hat geschäftliche Interessen in Kasachstan, mit Hilfe derer er unter Druck gesetzt werden könnte. Kann er da wirklich noch unbefangen den Ausschuss leiten? Wenn ja, dann ist Klaus Hoffmann, für Bartenstein als Treuhänder tätig, als Verfahrensanwalt ungeeignet. Denn da hat er in erster Linie die Interessen der Zeugen zu verfolgen, nicht die des Vorsitzenden. Jetzt muss jeder Anschein von Befangenheit vermieden werden.


martin.fritzl@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.07.2009)

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