Transparenz und Lobbyismus

Wer noch ernsthaft an die Wirksamkeit der Selbstregulierung glaubt, darf sich vom EU-Lobbyregister eines Besseren belehren lassen.

Versuchen wird man es ja noch dürfen, scheint die Devise beim Verband der Europäischen Chemieindustrie Cefic gewesen zu sein. Und so gaben die Chemielobbyisten, in deren Sold 170 Mitarbeiter stehen, gegenüber der EU-Kommission an, nur 50.000 Euro für den Zweck ihres Daseins auszugeben: nämlich das Vertreten der Interessen von Akzo Nobel, Repsol, OMV und dem Rest der europäischen Chemieindustrie. Bloß sind es nicht 50.000 Euro, sondern 37,9 Mio. Euro. Darum steht Cefic acht Wochen nicht im EU-Lobbyistenregister.

Dumm gelaufen? Im Gegenteil. Eigentlich ist es für Lobbyisten besser, nicht in der EU-Liste zu stehen. Denn so ersparen sie sich lästige Angaben über ihre wichtigsten Klienten und den Umsatz, den sie mit der Vertretung von deren Anliegen gegenüber den EU-Institutionen verdienen. Da kommt ganz schön viel Geld zusammen. Die Lobbyagentur Burson-Marsteller zum Beispiel hat im Jahr 2007 nur in Brüssel 6,96 Mio. Euro mit der Vertretung der Interessen von Mars, Danone, Microsoft und unzähligen anderen Kunden verdient. Woher man das weiß? Weil Burson-Marsteller im Register steht. Aber nur freiwillig.

Und das ist die Crux: Wer auf die Selbstverpflichtung der Lobbyisten setzt, muss ihnen echte Anreize zur Registrierung geben. Doch die gibt es nicht. Und auch keine Sanktionen. Dabei könnte es Wunder wirken, wenn die Kommission unregistrierten Lobbyisten einfach keine Gesprächstermine einräumte. Versuchen wird man es ja noch dürfen.


oliver.grimm@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.07.2009)

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