Machtkampf: US-Notenbankchef kämpft um Job

(c) AP (J. Scott Applewhite)
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Der oberste Banker der USA, Ben Bernanke, muss um seine zweite Amtszeit fürchten. Hochrangige Kongressabgeordnete wollen zudem die Macht der Notenbank einschränken. Der Republikaner Ron Paul wirft der Notenbank vor, „den ganzen Schaden“ verursacht zu haben.

New York. Ben Bernanke weiß ein Lied davon zu singen, wie ungemütlich es sein kann, sich den hartnäckigen Fragen des US-Kongresses stellen zu müssen. Im März fragte ihn der Abgeordnete Don Manzullo, ob die Rettung des Versicherungsriesen AIG nicht ungerecht gewesen sei. Als der Notenbankchef antwortete, unterbrach ihn Manzullo sofort: „Ich will nur Ja oder Nein hören.“ Bernankes Konter: „Das ist eine armselig formulierte Frage.“

Nun steht der oberste Banker wieder am Pranger der Politik. In einer zweitägigen Anhörung, die bis Mittwochnacht dauert, muss Bernanke das Krisenmanagement der Zentralbank Fed rechtfertigen. Der Republikaner Ron Paul wirft der Notenbank vor, „den ganzen Schaden“ verursacht zu haben.

Für einen großen Teil der Abgeordneten habe die Zentralbank in ihrer Aufsichtsfunktion versagt. Knapp zwei Drittel von ihnen fordern eine stärkere Kontrolle der Volksvertreter über die Geldpolitik der Notenbank. „Das gefährdet unsere Unabhängigkeit“, sagte Bernanke am Dienstag. Mischten sich die Abgeordneten zu sehr in die Geldpolitik ein, behindere dies den Weg aus der Krise.

Obama für Unabhängigkeit

Laut Bernanke müsse die Fed regelmäßig unpopuläre Entscheidungen treffen, um eine überhöhte Inflation zu verhindern. Damit meint der Banker Zinserhöhungen. Diese seien voraussichtlich ab der zweiten Hälfte des kommenden Jahres nötig, womit Bernanke auch eine Erholung der Wirtschaftslage ab Mitte 2010 andeutete. Die Arbeitslosigkeit werde allerdings bis 2011 „auf hohem Niveau“ bleiben.

Politiker sprechen sich häufig gegen höhere Zinsen aus, weil diese Kredite für Unternehmer verteuern und deshalb das Wirtschaftswachstum bremsen. Gerade in Zeiten hoher Arbeitslosigkeit könnten sie deshalb versuchen, die Geldpolitik der Zentralbank entsprechend zu beeinflussen, argumentieren jene, die die Unabhängigkeit der Fed gefährdet sehen.

Ob eine Prüfung der Zentralbank durch die Politik kommen wird, ist ungewiss. Präsident Barack Obama plädierte bislang stets dagegen. Um den Gesetzesentwurf ohne Zustimmung des Staatsoberhauptes durchzubringen, benötigten die Abgeordneten eine Zweidrittelmehrheit. Außerdem gilt auch der frühere Zentralbankchef Paul Volcker als Gegner eines noch größeren Einflusses der Politik in die Entscheidungen der Fed. Volcker gehört aktuell dem Wirtschaftsteam des Präsidenten an.

Die Anhörung Bernankes ist nicht nur wegen der Rolle der Zentralbank im Kampf gegen die Wirtschaftskrise brisant. Im Jänner entscheidet sich, ob Obama Bernanke für eine weitere Amtszeit als Notenbankchef nominieren wird. Wie sich der Wirtschaftsprofessor vor dem Kongress schlägt, gilt als Gradmesser dafür.

Hätte die Zentralbank mehrere vom Bankrott gefährdete Großbanken nicht mit Garantien in Milliardenhöhe gerettet, wären die USA in eine Depression geschlittert, die mit jener der 1930er-Jahre vergleichbar gewesen sei, sagte Bernanke am Dienstag. Um auch in Zukunft rasch eingreifen zu können, sei die Unabhängigkeit der Notenbank „essenziell“.

Ökonomen für Bernanke

Der Republikaner und ehemalige Präsidentschaftskandidat Ron Paul sieht das anders. Er fordert nicht nur eine strengere Überwachung der Fed, sondern auch ein Ende der Amtszeit Bernankes.

Eine Umfrage unter den 46 führenden US-Ökonomen zeigt hingegen Rückendeckung für den 55-jährigen Bernanke. Nur drei Ökonomen sprachen sich gegen eine Verlängerung seiner Amtszeit aus. Zusätzlich unterzeichneten mehrere hundert prominente US-Ökonomen ein Papier, wonach eine Einschränkung der Bewegungsfreiheit der Notenbank „fatal“ sei. Bernankes Vorgänger Alan Greenspan warnt vor einer „deutlich niedrigeren Qualität des Wirtschaftssystems“, sollte der Gesetzesentwurf zur verstärkten Kontrolle der Politik über die Fed verabschiedet werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.07.2009)

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