Neue Richtlinien für Finanzgeschäfte des Staates

Finanzminister Pröll.
Finanzminister Pröll.(c) APA (Robert Jäger)
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Laut Rechnungshof konnte die Finanzierungsagentur den Zinsaufwand des Staates um drei Milliarden drücken. Die Grundsatzfrage bleibt jedoch, welches Risiko der Staat bei kurzfristigen Veranlagungen eingehen soll.

wien (höll). Nach der Kritik über die staatlichen Spekulationsgeschäfte nimmt Finanzminister Josef Pröll die ihm unterstellte Bundesfinanzierungsagentur (ÖBFA) an die kürzere Leine. Laut Finanzministerium sollen neue Richtlinien sicherstellen, dass die Agentur künftig nur mehr „allgemein unstrittige Veranlagungen" tätigt.

Grundsätzlich sind bei der Bundesfinanzierungsagentur zwei Bereiche zu unterscheiden: das Schuldenmanagement für den Staat und die kurzfristigen Veranlagungen der Kassabestände. Nach Ansicht des Rechnungshofs hat die Agentur bei ihrer primären Aufgabe, nämlich der Verwaltung der Staatsschulden, einen guten Job gemacht. Die Agentur nimmt an den Kapitalmärkten für den Staat Geld auf und zahlt dafür Zinsen. Dabei geht es um Milliardenbeträge. Allein heuer wird die ÖBFA Staatsanleihen von 24 bis 30 Mrd. Euro platzieren. Einige Emissionen erfolgen in fremder Währung.
Die Agentur versucht, mit Derivatgeschäften die Zinszahlungen und das Fremdwährungsrisiko zu reduzieren. Laut Rechnungshof konnte die ÖBFA zwischen 2002 und 2007 mit den Derivaten den Zinsaufwand des Bundes um exakt 3,024 Milliarden Euro reduzieren.

Kritik an kurzfristigen Investments

Umstritten sind jedoch die kurzfristigen Veranlagungen der Kassabestände. 2003 änderte der damalige Finanzminister Karl-Heinz Grasser die Budgetbegleitgesetze. Zu dieser Zeit wurde der Passus eingefügt, wonach die „Aufnahme von zur vorübergehenden Kassenstärkung eingegangenen Geldverbindlichkeiten" erlaubt wird.

Das heißt, die Agentur darf kurzfristig Kredite aufnehmen, um das Geld zu veranlagen. So wurde etwa mit US-Subprime-Papieren gehandelt. Diese brachten vor der Finanzkrise einen Zinssatz von 4,25 Prozent netto. Der Rechnungshof steht solchen Zusatzgeschäften kritisch gegenüber: „Die Höhe der Kassamittel war nicht nur durch wirtschaftliche Notwendigkeiten bestimmt, sondern diente auch der Erzielung zusätzlicher Einnahmen."
Im Jahr 2007 erhöhte die Finanzagentur von Jänner bis August den Kassabestand von 5,9 Milliarden Euro auf 23,5 Milliarden Euro. Das Volumen der Risikopapiere kletterte von 1,073 Milliarden Euro auf 10,7 Milliarden Euro.
Laut Rechnungshof habe der Staat in einer Zeit, als die Finanzkrise bereits in voller Ausbreitung begriffen war, in „unvertretbar hohem Ausmaß" von der US-Immobilienkrise besonders gefährdete Papiere gehalten. Die Agentur rechtfertigt sich, dass die Finanzprodukte zum Zeitpunkt des Kaufs über ein ausgezeichnetes Rating verfügten. Aus drei Zweckgesellschaften auf den Cayman Islands drohen nun Verluste von bis zu 380 Mio. Euro. ÖBFA-Aufsichtsratschef Gerhard Steger betont, dass bislang mit den kurzfristigen Kassengeschäften ein Gewinn von 685 Mio. Euro erzielt worden ist. Selbst wenn die 380 Mio. Euro schlagend würden, bliebe unterm Strich noch immer ein Plus von 305 Mio. Euro übrig.

Eder kritisiert Rating-Agenturen

In der ZiB 2 nahm Dienstagabend der ehemalige langjährige Geschäftsführer der ÖBFA, Helmut Eder, Stellung. Er erklärte, „indirekt" seien die Rating-Agenturen schuld, sie hätten zu spät auf das Down-Grading hingewiesen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.07.2009)

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