Der Autohersteller Mitsubishi hat zugegeben, sich bei Abgastests nicht richtig verhalten zu haben. Vorerst sind nur Fahrzeuge in Japan betroffen. Für das Unternehmen nicht die erste Krise.
Tokio. Es ist fünf Uhr nachmittags japanischer Zeit, als sich Tetsuro Aikawa den Medien stellt. Der Chef des Autoherstellers Mitsubishi hatte erst wenige Stunden vorher zu diesem Termin geladen. Es soll um das Fehlverhalten im Zusammenhang mit Abgastests gehen. Allein diese Ankündigung reichte aus, um den Aktienkurs des Unternehmens auf Talfahrt zu schicken. Mit einem Minus von 15 Prozent gingen die Papiere des Konzerns schließlich aus dem Handel.
Was war passiert? Nach der Manipulation von Abgaswerten bei Volkswagen müssen nun auch die Japaner einräumen, ihre Kunden absichtlich getäuscht zu haben. Um den Behörden einen niedrigeren Benzinverbrauch vorzuspielen, habe man Prüfungen im Zulassungsverfahren nicht vorschriftsmäßig durchgeführt. Die Mitarbeiter sollen Werte hinsichtlich Luft- und Rollwiderstand absichtlich so verändert haben, dass der Gesamtverbrauch der Autos um fünf bis zehn Prozent niedriger ausgefallen sei. Man untersuche noch, wer dafür verantwortlich sei, sagt Mitsubishi. Das Verkehrsministerium habe man darüber jedenfalls informiert.
Von den fehlerhaften Tests betroffen sind 625.000 Kleinwagen, die für den japanischen Markt bestimmt sind und die vor allem für den Autohersteller Nissan produziert wurden. Konkret handelt es sich um 468.000 Stück der Modelle Nissan Dayz und Dayz Roox sowie um 157.000 Stück konzerneigener Fahrzeuge namens eK Wagon und eK Space. Produktion und Vertrieb werden nach Angaben des Unternehmens nun eingestellt, auch Nissan werde die Autos nicht mehr verkaufen.
Österreich nicht betroffen
Um auf Nummer sicher zu gehen, will Mitsubishi zusätzlich noch Fahrzeuge überprüfen lassen, die für Auslandsmärkte hergestellt wurden. In Österreich seien nach jetzigem Wissensstand keine Fahrzeuge betroffen, sagt Denzel-Vorstand Gregor Strassl. Denzel ist Generalimporteur von Mitsubishi. 60.000 Autos der Marke sind hier zum Verkehr zugelassen.
Ans Licht kamen die Ungereimtheiten bei Mitsubishi durch den Partner Nissan. Für diesen fertigt Mitsubishi schon seit Langem Autos. Nissan habe an der Entwicklung eines Nachfolgemodells gearbeitet und Mitsubishi darum gebeten, die bei den Tests ermittelten Werte für den Rollwiderstand zu überprüfen. Je geringer der Rollwiderstand eines Reifens ist, desto niedriger ist der Benzinverbrauch. Das wiederum führt zu einem geringeren Ausstoß von Schadstoffen. Die Probleme sollen jedenfalls keine Auswirkungen auf die Zusammenarbeit beider Konzerne haben. Mitsubishi produziert rund eine Million Autos im Jahr. Aus der Produktion in Europa hat man sich bereits 2012 zurückgezogen. Der Marktanteil des Herstellers in der EU lag zuletzt bei unter einem Prozent. Zum Vergleich: Der krisengeschüttelte Volkswagen-Konzern kommt auf rund 22 Prozent.
Der japanische Verkehrsminister hat bereits bekannt gegeben, binnen einer Woche einen vollumfassenden Bericht des Konzerns auf seinem Tisch vorfinden zu wollen. Bis zum 18. Mai wiederum plant die Behörde, darauf zu reagieren.
Schwierige Jahrtausendwende
Für den Autohersteller ist es nicht der erste negative Vorfall in seiner Geschichte. Die letzten großen Probleme gab es um die Jahrtausendwende. Damals musste das Unternehmen einräumen, Qualitätsmängel jahrelang vertuscht zu haben, um einen offiziellen Rückruf zu vermeiden. Stattdessen hatte das Unternehmen Fahrzeuge lieber heimlich reparieren lassen. Jahre später musste Mitsubishi dann zugeben, dass weitere Defekte gefunden und erneut verheimlicht wurden.
Das Image von Mitsubishi galt damals als angekratzt, was sich auch in mauen Absatzzahlen widerspiegelte. Selbst DaimlerChrysler (das es jetzt nicht mehr gibt) war einst betroffen, weil es die Mehrheit am Lkw-Hersteller Mitsubishi Fuso hielt. Nach langen Streitigkeiten verglichen sich die Firmen schließlich. (nst)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.04.2016)