Wien setzt bei sich den Sparstift an

(c) APA/HERBERT NEUBAUER
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Die Stadt startet eine große Verwaltungsreform. Der Apparat soll effizienter und schlanker werden, der Personalstand aber gleich bleiben, heißt es. Dabei hat der Krankenanstaltenverbund gerade fixiert, 328 Ärzte einzusparen.

Wien. Wien braucht dringend Geld, das in den Stadtkassen fehlt. Dabei wären für die wachsende Stadt aber dringend Investitionen in Milliardenhöhe nötig. Darum will die Stadt, die seit Jahren geforderte und im rot-grünen Regierungsprogramm festgehaltene Verwaltungsreform nun angehen.

Am Mittwoch wurde der Startschuss für eine breit angelegte Strukturreform für den Wiener Magistrat und alle seine Unternehmungen gegeben. Bei einer großen Veranstaltung wurden die Führungskräfte der Stadt und ihrer Unternehmungen über die Pläne der Regierung informiert und angewiesen, Abteilungen auf Effizienz und Wirtschaftlichkeit zu überprüfen. Weiters sind auch alle Mitarbeiter der Stadt eingeladen, Ideen, wie die Effizienz gesteigert werden könnte, auf einer Internetplattform ab Mai einzubringen.

All diese Vorschläge zu prüfen sowie selbst Maßnahmen einzubringen obliegt dem neu ins Leben gerufenen Wiener Struktur- und Aufgabenreform-Lenkungsausschuss – kurz WiStA. Vorsitzender ist der Magistratsdirektor Erich Hechtner. Im Ausschuss sitzen dazu Finanzstadträtin Renate Brauner (SPÖ), die die Reform ins Rollen gebracht hat, sowie Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou (Grüne) und die für Personal zuständige Stadträtin Sandra Frauenberger (SPÖ). Dem Ausschuss werden punktuell auch Personalberatungsfirmen zur Seite stehen, heißt es auf „Presse“-Anfrage.

Personalkürzungen nicht vorgesehen

Wie hoch das Einsparungspotenzial in Zahlen sein wird, ist derzeit noch nicht definiert. Das soll die WiSta erst erarbeiten. „Es soll alles gegen den Strich gebürstet werden“, sagt Brauner im Gespräch mit der Austria Presse Agentur und hofft auf eine offene Diskussion, die nicht von Angst der Mitarbeiter, ihren Job zu verlieren, durchzogen sein soll. „Es geht nicht um Personalkürzungen, wir wollen mit dem Personalstand, den wir haben, effizienter sein. Weiters werden die Mitarbeiter mehr Aufgaben bekommen, da wir in einer wachsenden Stadt leben“, heißt es aus Brauners Büro. Hie und da werden sich Aufgaben jedoch auch ändern.

Einsparungen sollten vor allem durch Verwaltungsvereinfachungen gegeben sein, wie etwa durch die Zusammenlegung von Abteilungen – oder dass diese Ressourcen wie das Facilitymanagement gemeinsam nutzen. Ein weiterer wichtiger Punkt: Normen sollen überarbeitet werden. Ein Beispiel wären etwa die Auflagen für öffentliche Bauten wie Schulen, die bei der Errichtung hohe Kosten verursachen.

Die Aussagen, dass am Personal nicht gespart werden soll, scheinen gerade ob der Verhandlungen rund um die Spitalsreform – die ein Teil der Strukturreform ist – widersprüchlich. Hier einigten sich Ärztekammer, Gewerkschaft und der Wiener Krankenanstaltenverbund (KAV) gerade auf eine Personalreduktion von 328 Ärzteposten bis 2018. Die Ärzte des KAV sind Gemeindebedienstete. Es ist demnach unklar, ob nur die direkt bei der Stadt Angestellten von Einsparungen verschont bleiben sollen oder ob das auch für die Unternehmungen und Personalleasingfirmen, die für die Stadt arbeiten, gilt. Stadt und die Wien Holding beschäftigen zusammen rund 75.000 Mitarbeiter.

Bis zum Sommer sollen jedenfalls erste Vorschläge der WiStA auf dem Tisch liegen, die dann Schritt für Schritt ab nächstem Jahr umgesetzt werden. Die angestrebten Einsparungen durch die Strukturreformen sollen bereits mit 2017 budgetwirksam werden, der Voranschlag wird im November präsentiert. Im Budgetvoranschlag für 2016 hat die Stadt mit einem Schuldenstand von 5,5 Milliarden Euro kalkuliert. Dazu kommen noch die Schulden der Unternehmungen der Stadt. Diese beliefen sich nach dem aktuellsten Rechnungsabschluss auf 3,1 Milliarden Euro.

Mehr Taten als Worte gefordert

Die Opposition – die die Strukturreformen vielfach gefordert hat – ist über die Ankündigungen dennoch wenig erfreut. ÖVP-Parteichef Gernot Blümel bezeichnet die Reform als „längst überfällig“, will aber „konkrete Maßnahmen sehen und keine inhaltsleeren Ankündigungsfloskeln hören“. Er ortet ein Einsparungspotenzial von 1,1 Milliarden Euro. Die Neos wünschen sich eine Streichung der Parteienförderung. „Ihre Hausaufgaben hätte die Stadtregierung schon im Dezember machen müssen, bevor sie sich eine millionenschwere zusätzliche Parteienförderung gegönnt hat“, sagt Klubchefin Beate Meinl-Reisinger. Die FPÖ ihrerseits will bald eigene Einsparungsvorschläge vorstellen. Mit „altbekannten Sprechblasen und Stehsätzen über effizientere und schlankere Strukturen wird Brauner nicht sparen können“, sagt der Wiener FPÖ-Vizebürgermeister Johann Gudenus.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.04.2016)

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