Doppelt so viel Geld für arme Länder

Mit der Erhöhung der Entwicklungshilfe hofft die Regierung, mittelfristig auch Fluchtursachen zu bekämpfen.
Mit der Erhöhung der Entwicklungshilfe hofft die Regierung, mittelfristig auch Fluchtursachen zu bekämpfen.Reuters
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Das Außenamt stockt die Mittel für bilaterale Hilfe von 77 auf 154 Millionen Euro auf. Auch für Integration gibt es mehr Budget. Hilfsorganisationen sprechen von einem wichtigen Signal.

Wien. „Mehr Hilfe vor Ort!“ war so etwas wie das Mantra von Außenminister Sebastian Kurz seit dem Beginn der Flüchtlingskrise. Statt unbegrenzt Flüchtlinge aufzunehmen, lautete die Botschaft, müsse den Menschen direkt in ihren Heimatregionen geholfen werden. Nach der Schließung der Balkanroute zeigt sich die Regierung nun von ihrer großzügigen Seite: Die Mittel für die bilaterale Entwicklungszusammenarbeit werden in den kommenden Jahren verdoppelt. So ist es im Finanzrahmen vorgesehen, der am Dienstag im Ministerrat verabschiedet werden soll.

Im Wesentlichen geht es dabei um das Geld, welches das Außenministerium der österreichischen Entwicklungsagentur ADA für Entwicklungshilfe zur Verfügung stellt. Die ADA ist dafür verantwortlich, Projekte und Programme in den Entwicklungsländern umzusetzen und Armut langfristig vor Ort zu bekämpfen. 2015 lag dieser Betrag bei 77 Millionen Euro. Bis 2021 soll er nach derzeitigem Stand um jährlich 15,5 Millionen Euro auf 154 Millionen steigen, wie Regierungskreise der „Presse“ bestätigen. Das Ö1-„Morgenjournal“ hat zunächst über die Erhöhung berichtet.

20 Millionen für Katastrophen

Dauerhaft erhalten bleibt auch die Erhöhung des Auslandskatastrophenfonds (AKF), der für humanitäre Krisen und Notfälle eingesetzt wird und für den ebenfalls die ADA zuständig ist. Die Regierung hat im vergangenen Jahr angesichts der Syrien-Krise beschlossen, ihn von fünf auf 20 Millionen Euro zu erhöhen. Laut den Budgetzahlen, die der „Presse“ vorliegen, soll er bis 2021 jedes Jahr mit 20 Millionen Euro ausgestattet werden.

Angesichts der hohen Zahl an Asylwerbern – 2015 wurden 88.000 Asylanträge gestellt – werden auch die Mittel für Integration aufgestockt. Das Budget für Integrationsmaßnahmen im Außenministerium soll von 37 Millionen (2015) auf 93 Millionen Euro bis 2017 steigen. Allein heuer ist ein Plus von 40 Millionen Euro vorgesehen. Das Geld werde vor allem für Deutsch- und Wertekurse verwendet, hieß es.

Hilfsorganisationen lobten die Erhöhung der Entwicklungshilfe. „Nach Zeiten der Kürzung und der Stagnation ist das ein klarer Fortschritt und ein wichtiges Signal“, sagte Caritas-Präsident Michael Landau der „Presse“. Er appellierte an die Regierung, die Mittel gezielt für die ärmsten Länder einzusetzen und den Fokus vor allem auf Afrika zu legen. So sind derzeit beispielsweise in Äthiopien, einem Schwerpunktland der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit, rund zehn Millionen Menschen akut von Hunger bedroht. Schaue man jetzt nur auf Syrien, laufe man Gefahr, auf die nächsten Dramen, die sich ankündigen, wieder zu spät zu reagieren, mahnte Landau. Aus Regierungskreisen hieß es, dass die zusätzlichen Gelder teilweise für Wiederansiedlungsprojekte von Flüchtlingen verwendet werden sollen.

Tanja Windbüchler, außenpolitische Sprecherin der Grünen, sprach von einem Lichtblick. Wichtig sei nun, dass eine Strategie für die Umsetzung vorgelegt werde. Sie appellierte an die Regierung, das Geld auch tatsächlich in den österreichischen Schwerpunktländern für langfristige Armutsbekämpfung einzusetzen.

Von den 77 Millionen Euro für die bilaterale Entwicklungshilfe der ADA sind rund 70 Prozent in die österreichischen Schwerpunktländer geflossen. Zu ihnen zählen mehrere afrikanische Länder wie Uganda, Mozambique und Burkina Faso sowie Staaten auf dem Westbalkan und im Südkaukasus. Die bilaterale Entwicklungshilfe ist nur ein kleiner Teil der gesamten öffentlichen Entwicklungshilfeleistungen. Diese betrugen 2015 rund 1,09 Mrd. Euro oder 0,32 Prozent des Bruttonationaleinkommens.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.04.2016)

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Bis 2021 wird das Budget auf 154 Millionen Euro erhöht. Das Geld soll teilweise für Wiederansiedlungsprojekte für Flüchtlinge verwendet werden.

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