Wien: Neue Bezirksgrenzen sollen her

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Stadtansicht WienStanislav Jenis
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Bezirke mit höherem Pro-Kopf-Einkommen bekommen mehr Budget. Die Arbeiterkammer will Bezirksgrenzen neu ziehen – Bezirksvorsteher sind dem nicht abgeneigt.

Wien. Einen Tag, nachdem Finanz- und Wirtschaftsstadträtin Renate Brauner (SPÖ) eine Verwaltungsreform angekündigt hat, präsentierte die Strategie-Beratungsfirma Projekthaus GmbH gemeinsam mit der rot gefärbten Wiener Arbeiterkammer eine umfassende Studie samt Vorschlägen zur Neustrukturierung der Bezirke.

Aus Sicht der Studienautoren haben sich in den vergangenen Jahrzehnten nämlich Schieflagen entwickelt, die nun in einer stark wachsenden Stadt zu einem Verlust der Attraktivität Wiens für Bewohner und Unternehmer und Arbeitnehmer führen, wenn keine Korrekturen vorgenommen werden. Die zentrale Erkenntnis der Studienautoren: Die Bezirksbudgets spiegeln sich im durchschnittlichen Pro-Kopf-Nettoeinkommen wider. Heißt: Bezirke, in denen das durchschnittliche Pro-Kopf-Nettoeinkommen hoch ist, sind reicher – wie etwa die Innere Stadt. Das Nettoeinkommen betrug 2015 pro Kopf 32.000 Euro – das Bezirksbudget im Jahr 2014 pro Kopf 227 Euro. Bezirke mit vielen Einwohnern mit geringen Einkommen bekommen eher weniger Geld, wie etwa Rudolfsheim-Fünfhaus, Ottakring, Favoriten, Meidling oder die Brigittenau (siehe Grafik). Der 20. Bezirk weist etwa ein Bezirksbudget von 92 Euro pro Person auf. Das Nettoeinkommen liegt bei rund 18.000 Euro.

Da aber jene Bezirke mit kleinen Einkommen auch jene sind, die etwa stärker von Migration geprägt sind, haben sie auch größere soziale Aufgaben zu bewältigen. Laut Ansicht der Arbeiterkammer wäre es angebracht, besonders diese Bezirke mit zusätzlichen Geldmitteln auszustatten. 51 Prozent der Budgetmittel entfallen übrigens auf Schulen und Straßenbau. Am unteren Ende werden rund 1,1 Prozent für die Kultur ausgegeben.

Die Arbeiterkammer wünscht sich je nach Bezirksgegebenheiten eine aufgabenorientierte Verteilung der Budgetmitteln.

Im Büro von Finanzstadträtin Brauner kann man die Budgetaufschlüsselung der Arbeiterkammer nicht nachvollziehen – immerhin würden je nach Bedarf zum Bezirksbudget auch Mittel aus dem zentralen Topf zugeschossen.

Stadtteile fusionieren

Neben der Aufteilung der finanziellen Mittel wären auch neue Bezirksgrenzen denkbar. „Weniger, dafür aber größere Einheiten könnten für die Bezirkspolitik positiv sein“, sagt Thomas Ritt, Leiter der Abteilung Kommunalpolitik der Arbeiterkammer zur „Presse“.

Die Leopoldstadt etwa war bis 1900 mit der Brigittenau verschmolzen. Für den Bezirksvorsteher des zweiten Bezirks, Karlheinz Hora (SPÖ), ist eine Fusionierung nicht völlig undenkbar: „Ich kenne den konkreten Vorschlag der Arbeiterkammer nicht. Aber auch in Berlin hat man Bezirke zusammengelegt, dafür überall Bezirksregierungen geschaffen mit viel Kompetenz“, sagt er zur „Presse“. „Ich finde das ganz gut.“ Auch Mariahilf-Vorsteher Markus Rumelhart (SPÖ) ist dem Berliner Modell nicht abgeneigt. Beide halten fest: „Im Detail müsse man sich das ansehen.“

Neue Bezirksgrenzen könnten laut Arbeiterkammer auch eine Lösung dafür sein, dass sich die politische Repräsentanz in den Verwaltungseinheiten weit auseinanderentwickelt hat: In der Inneren Stadt käme etwa ein Bezirksrat auf rund 400 Einwohner – im Außenbezirk Favoriten wäre ein Vertreter für rund 3000 Menschen zuständig. Wenn es größere Einheiten gebe, könne sich die Bezirksarbeit auch mehr professionalisieren. Die Arbeiterkammer schlägt vor, Bezirksräte dann in Vollzeit zu beschäftigen. „Das ist vor allem in stark wachsenden Bezirken sinnvoll – dort gibt es viel zu tun. Derzeit arbeiten Bezirke mehr oder weniger ehrenamtlich“, sagt Ritt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.04.2016)

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