Andreas Khol: Die ''bunte Rakete'' verfehlt die Hofburg
30.12.2016 um 13:42
Andreas Khol gehört zu den interessanteren Persönlichkeiten, die Österreichs Innenpolitik zu bieten hat: Deklariert wertekonservativ, dafür in vielen Dingen weltoffener als manch liberaler Parteifreund, lässt sich der Tiroler nicht so recht in die üblichen Schubladen einordnen. Vielleicht war er den Wählern ein zu "bunter Schwarzer", um in der Hofburg zu sitzen, vielleicht war er ihnen nicht sympathisch genug. Fest steht jedenfalls: Der rüstige 74-Jährige liegt weit vom höchsten Amt im Staat entfernt.
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Dass ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner gerade auf Khol verfiel, als der logische Kandidat der Schwarzen, Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll, abgesagt hatte, überraschte viele. Denn der Malus des Tirolers war bekannt. Seit Jahren wenn nicht Jahrzehnten rangiert der selbst überzeugte Khol in allen Sympathie-Rankings in der Schluss-Gruppe.
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Das wussten auch seine Berater und wurden nicht müde, den wertkonservativen Verfassungsprofessor aus Südtiroler Bauernadel, der den Gottesbezug in die Verfassung schreiben wollte, als Menschen „wie du und ich“ zu erfinden. Seine bis dahin in der Öffentlichkeit ausnehmend zurückhaltende Frau Heidi, mit der er schon die goldene Hochzeit hinter sich hat, wurde in die Schlacht geworfen, ebenso einige seiner sechs Kinder und sogar eine seiner Schwiegertöchter, die prominente deutsch-türkische TV-Moderatorin Nazan Eckes.
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Auch sein Image als erzkonservativer Wegbereiter von Schwarz-Blau - man erinnere sich an sein Wendewerk "Der schwarz-blaue Marsch durch die Wüste Gobi" oder den Slogan "Speed kills" für das Kabinett Schüssel I - versuchte Khol abzumildern, indem er darauf verwies, dass unter seinem Familiendach vom Inder bis zum SPÖ-ler noch jeder eine Heimat gefunden habe. Nicht unterschlagen wurde da zudem, dass Khol als Seniorenbund-Obmann ja mit SPÖ-Pensionistenchef Karl Blecha (links im Bild) jahrelang überparteilich die Interessen der älteren Generation vertreten habe.
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Genützt hat das alles nichts. Khol dürfte letztlich nur die Sympathien jener geholt haben, für die bei Wahlen soundso einzig eine Stimme für die Volkspartei in Frage kommt. Seine internationale Erfahrung, auf die er nicht uneitel gerne verwies, interessierte ebenso wenig wie seine politische Erfahrung als langjähriger Klubchef der ÖVP und späterer Nationalratspräsident.
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Zu viele Fische im eigenen Teich knabberten Khols Wahlchancen an. Der Freiheitliche Norbert Hofer lockte jene an, die spätestens seit der Flüchtlingswelle kaum noch Probleme mit durchaus radikalen Positionen haben, Irmgard Griss konnte tief ins liberal-bürgerliche Publikum eindringen und Alexander Van der Bellen holte sich die Stimmen jener, denen die ÖVP zu sehr zu einer Law&Order-Truppe geworden war. Nicht förderlich dürfte letztlich auch die abrupte Ankündigung von Landeschef Erwin Pröll (rechts im Bild) gewesen sein, Innenministerin Johanna Mikl-Leitner nach Niederösterreich zu holen und ihre Position in der Regierung mit Wolfgang Sobotka zu besetzen. Das kostete Khol immerhin einige Schlagzeilen in den Zeitungen.
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Khol ließ sich dennoch nicht beirren, betitelte sich selbst als „Rakete in Richtung Hofburg“ und versuchte sich, als Bremser der Flüchtlingswelle zu inszenieren. Doch spätestens mit dem Einstieg Hofers war gemäß der alten Regel "lieber Schmied als Schmiedl" hier nicht mehr viel zu holen. Wohl etwas zu spät und manchmal auch etwas seltsam mit seinem hyperaktiven Auftreten kontrastierend schob Khol seine Tauglichkeit als Staatsmann in den Vordergrund.
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Mit dem Wahlabend könnte die lange Karriere Khols, die so richtig vor 42 Jahren mit der Ernennung zum Leiter der politischen Akademie der ÖVP begann und ihn nicht weniger als 23 Jahre im Hohen Haus sitzen ließ, tatsächlich ein Ende nehmen. Dass er wirklich ganz Ruhe gibt, kann man sich nur schwer vorstellen. Der scharfzüngige Formulierer wird wohl gerne gehörter Kommentator der politischen Ereignisse sein. Sollte er auf Zwischenrufe solcher Art verzichten, dürfte Khol auch nicht langweilig werden. Seine Hobbys sind mannigfaltig und reichen von zeitgenössischer Literatur über das Bergwandern bis hin zur Rosenzucht. Dazu freuen sich die 15 Enkel sicher, wenn Opa Andreas für sie künftig mehr Zeit aufbringen kann.
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Zur Person: Andreas Khol, geboren am 14. Juli 1941 in Bergen auf Rügen, verheirateter Vater von sechs Kindern. Habilitierter Doktor iur., 1980 zum ao. Professor an der Uni Wien ernannt. Berufliche Tätigkeiten im Verfassungsgerichtshof und Europarat, 1974-1993 Direktor der politischen Akademie der ÖVP, Abgeordneter zum Nationalrat von 1983-2006, Klubobmann von 1994-2002, danach bis 2006 Präsident des Nationalrats, seit 2005 Obmann des ÖVP-Seniorenbunds.
APA/ROLAND SCHLAGER
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