Ein Achtungserfolg für Irmgard Griss

Auch wenn es am Ende nur Platz drei geworden ist: Irmgard Griss sieht das Resultat als Erfolg.
Auch wenn es am Ende nur Platz drei geworden ist: Irmgard Griss sieht das Resultat als Erfolg. (c) APA (Hans-Klaus Techt)
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Platz drei. Die Unabhängige konnte Rot und Schwarz schlagen. Die Stichwahl hat Griss aber verfehlt.

Als Irmgard Griss am Sonntagnachmittag zu ihrer Wahlfeier kommt, ist noch völlig unklar, ob sie oder Alexander Van der Bellen das Rennen um Platz zwei gemacht haben. „Wir feiern heute auf jeden Fall einen großen Erfolg“ ruft Griss ihren Unterstützern in einem Lokal am Wiener Karlsplatz zu.
Zum ersten Mal sei es gelungen, dass ein unabhängiger Kandidat überhaupt so weit gekommen ist, dass er auf eine Stichwahl hoffen durfte, fährt Griss fort. Niemand habe es zuvor für möglich gehalten, dass man ausschließlich mit Privatspenden einen solchen Wahlkampf finanzieren kann. „Und es ist etwas in Bewegung gekommen“, sagt Griss und verweist auf ihre politische Initiative. Es gebe in diesem Land die Hoffnung, „dass die Zukunft nicht verspielt wird“.

Schließlich wird doch klar, dass Griss nur auf Platz drei hinter Alexander Van der Bellen landet. Das Ende eines Wahltags, der für Griss schon suboptimal begonnen hatte. Als sie im Wahllokal im ersten Wiener Gemeindebezirk aufgefordert wurde, ihren Ausweis zu zeigen, wurde Griss unsicher. „Hoffentlich habe ich ihn mit“, sagte sie. Doch dem war nicht so. Die Wahlbeisitzer ließen sie trotzdem zur Urne. „Also, ich glaube, dass sie die Frau Doktor Griss ist“, hieß es. Und so durfte die 69-jährige Steirerin doch noch ihre Stimme abgeben. Laut Wahlordnung ist dies zulässig, wenn ein Wähler der Mehrheit der Wahlbehörde persönlich bekannt ist.

Dass Griss' Bekanntheitsgrad so hoch wird, war vor zwei Jahren noch nicht absehbar. So ging ihre Kandidatur darauf zurück, dass die Regierung die frühere Präsidentin des Obersten Gerichtshofs im Frühjahr 2014 zur Vorsitzenden der Hypo-Kommission bestellt hatte. Zuerst von vielen mit Skepsis als Gefolgsfrau der Regierung betrachtet, deckte Griss die Verfehlungen im Zusammenhang mit der Causa Hypo schonungslos auf. Darauf ertönte Ende 2014 in sozialen Netzwerken der Ruf, die Juristin solle doch gleich für die Hofburg kandidieren. Griss beschwichtigte damals. Ernst dürfe man solche Gerüchte nicht nehmen, meinte sie.

Sie nahm die Sache doch ernst. Bloß, es wollte keine Partei die bürgerliche Richterin unterstützen. Zu einem Zeitpunkt, an dem die ÖVP noch fix mit Erwin Pröll als ihrem Kandidaten rechnete, gab Griss kurz vor Weihnachten des Vorjahres ihre Kandidatur bekannt. Fast zeitgleich wurde publik, dass die Griss-Kommission Akten vernichtet hatte, wofür die Juristin von verschiedenen Parteien – insbesondere von der ÖVP – gescholten wurde. Dass sie im FPÖ-Klub zu einer Vorstellungsrunde vorbeikam, wurde Griss von linker Seite angekreidet. So wie auch ihre Wortwahl im Zusammenhang mit Schilderungen der NS-Zeit für Aufregung sorgte.

Ein solider Wahlkampf

Doch so richtig konnte das alles Griss nicht aus der Bahn werfen. Insbesondere in TV-Debatten kam Griss, die den Trumpf der Unabhängigkeit ausspielen konnte, gut weg. Am Ende hatte ihre Kampagne sogar einen Spin, den sich sonst nur die professionellen Parteien ausdenken. Die Botschaft, dass jede Stimme für Andreas Khol eine verlorene sei und Bürgerliche deswegen Griss wählen sollen, wurde unter die Leute gebracht.

Tatsächlich gelang es Griss schließlich, die Kandidaten von SPÖ und ÖVP klar hinter sich zu lassen – ein Achtungserfolg. Der Traum der einstigen Richterin, Bundespräsidentin zu werden, ist aber geplatzt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.04.2016)

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Kommentare

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