Hundstorfer bringt Faymann in die Bredouille

Debakel für SP-Kandidaten Rudolf Hundstorfer – selbst in seiner Heimatstadt Wien.
Debakel für SP-Kandidaten Rudolf Hundstorfer – selbst in seiner Heimatstadt Wien.(c) Reuters
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Zuerst Salzburg, dann die Steiermark und jetzt auch noch die Hofburg: Die SPÖ verliert ein Amt nach dem anderen und steht vor einem Flügelkampf mit Open End.

Diese Stille. Über die Wahlabende der vergangenen Jahre war der Applaus in der SPÖ-Zentrale immer weniger, immer verhaltener geworden, bis er am Sonntag dann verstummte. Nicht nur, dass Rudolf Hundstorfer die Stichwahl um die Hofburg verpasste – er tat das so klar, dass sich in der Löwelstraße eine Stimmung einstellte, die an ein Begräbnis erinnerte. Eines mit sehr wenigen Trauergästen. Nur Bundesgeschäftsführer Gerhard Schmid und der EU-Abgeordnete Eugen Freund waren zur ersten Hochrechnung um 17 Uhr gekommen.

Die Parteispitze hatte schon geahnt, dass es nicht gut ausgehen würde. Die Prognosen waren dementsprechend gewesen. Aber glauben wollte man bis zuletzt nicht, dass die Wahl zu einer Blamage werden könnte. Das Ergebnis war dann allerdings noch schlechter als erwartet: Hundstorfer wurde nur Fünfter, noch hinter ÖVP-Kandidat Andreas Khol.

Gegen 19 Uhr betrat Werner Faymann die Parteizentrale, gefolgt von Doris Bures und dem Regierungsteam der SPÖ. Man wollte, trotz allem, Geschlossenheit zeigen. Doch einer – Hundstorfer – fehlte. Der Kanzler nahm ihn in Schutz: Er sei sehr traurig über ein Ergebnis, das auch eine Warnung an die Regierung sei. „Wir müssen mehr zustande bringen. Die Konsequenz ist: hart arbeiten.“

Eine Wahlempfehlung der SPÖ für die Stichwahl wird es nicht geben, sehr wohl aber von einzelnen SPÖ-Politikern. Faymann machte gleich den Anfang: Er werde Alexander Van der Bellen wählen, weil der „ein Mann des Ausgleichs“ sei.

Nicht der Richtige für die Hofburg

An der Parteibasis hatte man sich da längst auf die Suche nach den Schuldigen gemacht. Fündig wurden die SPÖ-Funktionäre zunächst bei Hundstorfer selbst. Er mag ein fähiger ÖGB-Präsident und Sozialminister gewesen sein, womöglich hätte er auch einen guten Wiener Bürgermeister abgegeben. Aber die Jobdescription für die Hofburg habe er nicht erfüllt, da war man sich einig. Wahlergebnisse lügen nicht.

Abgesprochen wurde Hundstorfer außerdem das Talent zum Wahlkämpfen, wobei sich die Kritik auch an sein Team richtete. In den TV-Debatten sei der SPÖ-Kandidat übergecoacht gewesen, zulasten seiner Authentizität. Und auch das Sicherheitsthema kam nicht so an, wie es hätte sollen. Schon gar nicht in Wien. Dort schnitt der Wiener Hundstorfer mit rund zwölf Prozent nur unwesentlich besser ab als im Bundesschnitt. Weshalb man in der Löwelstraße kritisch anmerkte, dass die Wiener Freunde nicht mit vollem Einsatz bei der Sache gewesen seien.
Doch diese Wahl war nicht nur eine über den nächsten Bundespräsidenten, sondern auch eine Abstimmung über die Regierungsparteien. Aus Sicht der SPÖ ist der Trend so deutlich, dass ihn nicht einmal mehr Josef Cap schönreden könnte. Nach Salzburg 2013 und der Steiermark im Vorjahr muss man auch die Hofburg abgeben, wenn Heinz Fischer im Juni auszieht. Der Sozialdemokratie schwimmen die Felle davon. Übrig sind nur noch Wien, Kärnten und das Burgenland.

Faymanns Standing in der SPÖ hat sich am Sonntag nicht eben verbessert. Manche werden sich jetzt wieder fragen, ob er noch der Richtige an der Parteispitze ist. Er selbst schloss am Sonntag personelle Konsequenzen aus: „Wir sind gut aufgestellt.“ Er spüre breite Unterstützung und in der Bevölkerung „den Wunsch nach Führung in dieser Zeit“.

Wahlergebnis stärkt die SPÖ-Linke

Programmatisch kündigte Faymann eine Debatte in der SPÖ an, die in Wahrheit längst begonnen hat. In der Flüchtlingspolitik gibt es einen Richtungsstreit, der sich zu einem Flügelkampf auswachsen könnte. Zwischen Linken und Rechten. Denn die Proteste gegen den Regierungskurs haben, ausgehend von Wien, mittlerweile den Parlamentsklub erreicht. Einige SPÖ-Abgeordnete wollen die Verschärfungen im Asylrecht nicht mittragen. Durch das Wahlergebnis fühlen sich Faymanns Kritiker, die von der Wiener Stadträtin Sonja Wehsely angeführt werden, nun bestätigt: Wer eine scharfe Flüchtlingspolitik befürworte, gehe gleich zum Schmied FPÖ und nicht zum Schmiedl, argumentieren sie.

Um es mit Norbert Darabos zu sagen: Es ist nicht mehr in Stein gemeißelt, dass die SPÖ mit Werner Faymann in die nächste Nationalratswahl geht.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.04.2016)

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