Der Tag, als Österreich blau wurde

Blaues Österreich.
Blaues Österreich.(c) Grafik, Die Presse
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Norbert Hofer ist nun der Favorit für die Stichwahl. Eine sichere Bank ist das für ihn nicht. Es wartet Alexander Van der Bellen – und eine breite Anti-FPÖ-Allianz.

Es ist der größte Erfolg in der Geschichte der FPÖ: zum ersten Mal bei einer bundesweiten Wahl auf Platz eins. Dafür verantwortlich: eine generelle Unzufriedenheit mit der Regierung. Die Flüchtlingskrise und ihre Folgen. Und schon auch der Kandidat selbst: Norbert Hofer, der freundliche Freiheitliche, der gegebenenfalls auch rauere Töne beimengt – vor allem bei den Auftritten vor den eigenen Anhängern. Zudem hatte der Mann mit dem Gehstock auch eine Geschichte zu erzählen: seine eigene Lebens- und Leidensgeschichte.

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In der Nachwahlbefragung von Peter Hajek für ATV liest sich das dann so: „Er überzeugte die Wähler durch Dynamik und Sympathie, aber auch durch richtige Themensetzung. Seine Auftritte waren immer mit klaren Botschaften versehen.“

Dabei war Norbert Hofer gar nicht als Präsidentschaftskandidat der FPÖ vorgesehen. Das hätte Ursula Stenzel werden sollen. Doch dies wurde zu früh, einen Tag vor dem Parteivorstand, publik: Die Funktionäre und die freiheitlichen Fans rebellierten. FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache bekniete Hofer, der schon abgesagt hatte, noch einmal – letztlich erfolgreich. Und egal, wie die Stichwahl ausgeht: Der Dritte Nationalratspräsident ist nun die unumstrittene Nummer zwei in der FPÖ – wenn nicht sogar mehr.

In der Stichwahl wird Norbert Hofer nun auf Alexander Van der Bellen treffen. Wieder einmal waren die Umfragewerte besser als das Wahlergebnis – Alexander Van der Bellen kennt das bereits aus seiner Zeit als Grünen-Chef. Doch noch ist für ihn nichts verloren.

Links, bürgerlich, liberal: Van der Bellen

Alexander Van der Bellen mit seinem bürgerlichen Habitus, der in seiner politischen Persönlichkeit linke und liberale Elemente vereint, könnte die nötige Strahlkraft aufbringen, das sich nun formierende Anti-Hofer-Lager zusammenzuhalten. Österreich steht in den kommenden vier Wochen eine Polarisierung bevor wie schon lang nicht mehr. Im Zentrum der FPÖ-Kandidat, um ihn herum eine Art Cordon sanitaire der FPÖ-Gegner.

Für die beiden bisherigen Großparteien endete die Präsidentschaftswahl 2016 in einem Fiasko: SPÖ-Kandidat Rudolf Hundstorfer und ÖVP-Kandidat Andreas Khol erreichten je 11,18 Prozent. Norbert Hofer erreichte mit 36,4 Prozent mehr als dreimal so viel. Auf ein beachtliches Ergebnis kam Irmgard Griss. Aus dem Stand, ohne Parteiapparat (wenn man von den Neos einmal absieht), landete sie mit 18,5 Prozent knapp hinter Van der Bellen auf Platz drei.

Mitterlehner will „Relaunch“

Reinhold Mitterlehner will nun einen „Relaunch“ der Regierungsarbeit, persönliche Konsequenzen werde er keine ziehen, eine Wahlempfehlung für die Stichwahl wird es nicht geben. Werner Faymann hingegen hat angekündigt, Alexander Van der Bellen zu wählen. Für den SPÖ-Chef wird es in seiner Partei nun noch ungemütlicher werden. Sein Glück im Unglück ist: Die Wiener SPÖ, die seine Ablöse betreiben und auch durchsetzen könnte, konnte bei dieser Wahl ebenfalls nicht mobilisieren: Rudolf Hundstorfer, in der SPÖ Wien groß geworden, kam hier auch nur auf 12,3 Prozent. In keinem einzigen Bezirk schaffte die SPÖ die relative Mehrheit.

Norbert Hofer geht nun jedenfalls als Favorit in die Stichwahl. Alexander Van der Bellens Chancen sind aber intakt. Die Wähler der ausgeschiedenen Kandidaten werden wohl auch zu einem großen Teil Alexander Van der Bellen wählen. Die Frage ist: Wie groß ist dieser Großteil? Und wie viele dieser Wähler werden zu Hause bleiben?

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.04.2016)

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Kommentare

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