Erste Neuwahl-Drohungen in der ÖVP

Der schwarze Hofburg-Kandidat, Andreas Khol
Der schwarze Hofburg-Kandidat, Andreas KholAPA (HANS KLAUS TECHT)
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Nicht nur die Parteijugend, auch in den Ländern will man große Veränderungen in der Regierung – und zur Not einen Urnengang: „Wenn wir nicht tätig werden, dann Gnade uns Gott.“

Wien. Die ÖVP-Jugend ist frustriert. Nicht erst seit Sonntag, als der schwarze Hofburg-Kandidat, Andreas Khol, abgewählt wurde. Sondern seit Wochen, sogar Monaten. Monate, in denen die Regierungspartner, SPÖ und ÖVP, wenig bis gar nichts weitergebracht haben. Nach dem desaströsen Wahlausgang wagen sich aber auffallend viele Jungfunktionäre aus der Reserve: „Ich hoffe, wir lernen daraus“, meint der Jugendsprecher der ÖVP, Asdin El Habbassi: „Es braucht eine komplette Neuaufstellung und einen Neuanfang in vielen Bereichen.“ Der Generalsekretär der Jungen ÖVP (und enger Mitarbeiter von Sebastian Kurz), Stefan Schnöll, wird deutlicher: „Die Koalition wurde abgewählt. Der Stillstand ist unerträglich und hat zu diesem Ergebnis geführt. Wenn wir jetzt nicht tätig werden, dann Gnade uns Gott.“ Was Schnöll damit meint? Zur Not Neuwahlen – allerdings erst als zweiten Schritt. „Es braucht eine Regierungsklausur, der Koalitionsvertrag muss neu ausverhandelt werden“, sagt er zur „Presse“. Nun müsste man ernsthafte Reformen angehen. „Wir haben immer so gehandelt, als würden wir keine großen Würfe machen wollen – und das fliegt uns jetzt auf den Schädel.“

„Jede andere Koalition lieber“

Sollte die SPÖ keine Neuausrichtung wollen, gibt es laut Schnöll nur eine Lösung – einen Urnengang. „Man braucht sich vor Neuwahlen nicht zu fürchten“, sagt er. Auch das Risiko, dass die FPÖ Platz eins erreichen könnte, müsste man eingehen. „Ich kann mit diesen taktischen Spielereien nichts anfangen.“ Und: „Ich bin kein Fan mehr dieser Koalition. Mir ist eigentlich jede andere Konstellation lieber.“ Eine Obmanndebatte möchte die JVP jetzt aber nicht starten. „Personelle Veränderungen hatten wir viele, aber an der Politik haben wir nichts geändert“, sagt er. Daher sollte man nun Letzteres angehen.

Ob im Jahr 2018 JVP-Chef Sebastian Kurz als Spitzenkandidat ins Rennen gehen sollte, will Schnöll nicht kommentieren. Prinzipiell sei so viel gesagt: „Er wäre sicher ein super Kanzler und Parteiobmann.“ Am Wahlabend war der Parteinachwuchs, der im Gegensatz zur ÖVP-Spitze zahlreich in der Zentrale erschienen war, noch direkter: „Es wäre ein Fehler, mit Mitterlehner in die nächste Nationalratswahl zu gehen. Wir sind für Sebastian Kurz – und sind da nicht die Einzigen“, war da etwa zu hören, oder: „Wir würden Kurz von vorn bis hinten unterstützen.“ Doch selbst der Parteinachwuchs zeigte sich, was einen raschen Wechsel an der Parteispitze betrifft, skeptisch. „Dabei würde Kurz zerrissen.“ Den Joker für die Zukunft möchte die Partei nicht sofort ausspielen. Und Alternativen gibt es derzeit nicht.

„Wie weit wollen wir sinken?“

So war man in der ÖVP am Tag nach der Wahlniederlage bemüht zu betonen, dass Mitterlehner „bei Weitem nicht so angeschlagen ist wie Faymann“. Der Versuch eines Ablenkungsmanövers. Es brauche keine personellen Konsequenzen. „Die Erfahrung in der ÖVP mit Obmanndebatten sollte allen zeigen, dass sich das nicht bewährt hat, wenn man scheibchenweise Demontageversuche unternimmt“, sagt der steirische ÖVP-Landesrat Christopher Drexler. Was es brauche, sei der von Mitterlehner angekündigte „Relaunch der Regierung“, darüber waren alle einig.

Der Ton, mit dem man innerhalb der Partei auf Veränderungen pocht, ist ein rauer: Das Wahlergebnis sei „kein Warnschuss“ mehr für seine Partei, sondern ein „Treffer. „Wie weit wollen wir noch sinken?“, fragte Oberösterreichs Landesvize, Thomas Stelzer (ÖVP). Die ÖVP habe die Leistungswilligen sekkiert und an den Lebensrealitäten der Menschen vorbeigeredet. Erst wenn der Relaunch der Regierung nicht klappe, sei es an der Zeit, über Neuwahlen nachdenken. Auch Tirols Landeschef Günther Platter will einen Kurswechsel der Regierung sehen. Erst dann werde man entscheiden, wie es – auch personell – weitergeht. Selbst der jetzige Parteichef scheint sich seines Schicksals nicht sicher. Wie Mitterlehner bereits am Wahlabend sagte: Wer die ÖVP in den nächsten Nationalratswahlkampf führen werde, „werden wir entscheiden, wenn es ansteht, weil wer weiß, wie das weiterläuft.“

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