Episodenrückschau, Staffel zwei, Folge acht: In der die Serie das reale Leben spiegelt. Auch der fiktive Kanzler tritt zurück, ein Vorstadtmann könnte neuer Kandidat werden - und ein Baby wird entführt.
Spoiler: Wir verraten den Inhalt der sechsten Folge der zweiten Staffel.
Jetzt geht es Schlag auf Schlag bei den Vorstadtweibern und das vielleicht Erstaunlichste an der aktuellen Folge ist, was auf einem Nebenschauplatz passiert. Weil hier die Handlung von der Realität eingeholt wurde, ausgerechnet am Tag der Ausstrahlung der Folge. Am 9. Mai 2016 trat also Kanzler und SPÖ-Chef Werner Faymann von all seinen Ämtern zurück - und am 9. Mai lief im ORF-Hauptabend eine Serie, in der der Kanzler ebenfalls seine Funktion zurücklegt, weitaus überraschender als in der Wirklichkeit. Weitere Parallelen zwischen Realität und Fiktion gibt es freilich nicht. Dem Serienkanzler, von dem wir nicht wissen, welcher Partei er angehört, wurde übel mitgespielt. Er soll sich im Internet Kinderpornos angesehen haben, weshalb er abdankt. Eingefädelt hat diesen Skandal die rechte Hand von Minister Joachim Schnitzler (Philipp Hochmair), allerdings nicht zur Freude seines Vorgesetzten. Der Minister-Assi hat sich hinterrücks auch schon um einen Nachfolger für die Konkurrenz-Partei umgesehen, für die er offenbar auch tätig ist, und der kommt aus der Vorstadthaberer-Runde: Hadrian Melzer (Bernhard Schir), der Ex-Banker und Kurzzeit-Arbeitslose soll schon bald als neuer Senkrechtstarter präsentiert werden. Minister Schnitzler, der selbst schon länger auf den Kanzlerposten spitzt und dafür sogar seine sexuelle Orientierung verleugnet, ist zwar berechnend, aber nicht blöd. Er hat eine diffuse Vorahnung, die sich erhärtet als er Melzer mit einem Dienstwagen aus der Regierungsflotte fahren sieht.
So weit so gut. Abseits dieser kleinen politischen Posse wirft diese Folge endlich richtig grelles Scheinwerferlicht auf die Video-Erpressungsgeschichte. Hadis Ex-Frau Sylvia (Julia Stemberger) und der mittlerweile verstorbene Josef Steinberg haben die Videokamera im plüschig-dunklen Puff-Zimmer installiert und ihre Freunde, Geschäftspartner und eben auch den Ex-Mann erpresst. Und jetzt wird auch noch ein Kind entführt. Baby Josefine liegt plötzlich nicht mehr in ihrem Kinderwagen. Dass ihr minderjähriger Jung-Vater Simon (Johannes Nussbaum) nicht der Entführer ist, wie Waltraud (Maria Köstlinger) und sogar seine Mutter Maria (Gerti Drassl) zunächst annehmen, lag auf der Hand. Zumindest sah es danach aus, als er in der letzten Szene der vorigen Folge mit traurigem Blick seinen Beobachtungsposten vor dem Stammlokal der Vorstadtriege aufgab. (Das Lokal ist übrigens, falls das nicht schon längst allen treuen Serien-Schauern klar ist, das Skopik & Lohn in der Leopoldsgasse im zweiten Bezirk. Mitdenkende Wien-Kenner dürfte das jedes Mal ein wenig irritieren, wenn die Fahrt zwischen den Döblinger Villen und dem Vorstadt-Café am, ebenfalls Döblinger, Saarplatz ins Edel-Restaurant mit weißen Tischdecken so kurz ausfällt, dass man annehmen könnte, es liegt im selben Grätzel. Aber das ist vermutlich schon wieder viel zu verkopft und realistisch gedacht. Ich bin schon still.)
Was auf die nervöse und hilflose Suche nach dem entführten Baby folgt, ist eine beinah Yasmina-Reza-hafte Szene im Wohnzimmer der Familie Schneider. Dort warten Waltraud, Simon und Nicoletta (Nina Proll), Caro (Martina Ebm) und Hadi Melzer, der Minister (und Vielleicht-bald-Stiefvater der Kleinen) und sein Ex-Liebhaber Georg Schneider (Juergen Maurer) auf, hinter und vor dem Sofa auf Neuigkeiten zum Verbleib des Babys. Maria präpariert in der Zwischenzeit seelenruhig die Schnittchen-Platte mit Käse in ausgestochener Herzchenform. Essen beruhigt die Seele, die Schnittchenplatte bleibt allerdings unberührt. Es ist eine der subtilsten und vergnüglichsten Szenen der gesamten Serie.
Damit die Warterei nicht zu lange dauert, kommt bald der rettende Anruf von, nein, nicht der Polizei, sondern Dr. Felix Heldt (Michael Masula). Das Baby wurde in die Klinik gebracht, und zwar von der mittlerweile bedenklich fahrig-verzweifelten Vanessa (Hilde Dalik). Die hat ihr eigenes Kind gegen das Steinberg-Baby ausgetauscht, um so den erhofften "richtigen" Vater zu bekommen und sich schließlich von ihrem Mann zu trennen. Immerhin, Waltraud erkennt sofort, dass es sich bei dem zurückgebrachten Baby nicht um ihres handelt. Wobei wir zugeben müssen, jetzt doch ein wenig verwirrt zu sein. Wem gehört nun welches Baby und wer hat hier warum ein Interesse an diesem Tausch?
Während Berti und Sabine und die männermordende Putzfrau in dieser Folge gar keine Rolle mehr spielen, tut sich in der Groß-Familie Melzer einiges. Caro und Hadi finden wieder zusammen. Ihre Beziehung war ohnehin immer die stabilste. Was Hadis Ex-Frau Sylvia so aus der Bahn wirft, weshalb sie dummerweise zur falschen Zeit am falschen Ort (nämlich vor der Geburtsklinik) betrunken durch die Gassen torkelt und von Vanessa angefahren wird. Der Besuch ihrer halbwüchsigen Tochter im Krankenhaus gibt ihr den Rest. Denn die offenbart ihr, dass sie ihre Mutter nicht aus freien Stücken besuchen wollte, sondern dies nur getan hat, weil Stiefmutter Caro ihr geraten habe das zu tun. Das Ende dieser Folge macht betroffen und traurig. Die Serie bekommt plötzlich eine ziemlich ernste Note. Und das liegt sicher nicht am Kanzler-Rücktritt.