Japan. Seit 25 Jahren hat der Autohersteller Mitsubishi Daten zum Spritverbrauch geschönt. Anleger senken den Daumen über dem Papier.
Wien/Tokio. Was dem japanischen Autobauer Mitsubishi derzeit passiert, kann man wohl getrost als Déjà-vu bezeichnen. Erst in der Vorwoche gab Unternehmenschef Tetsuro Aikawa reumütig zu, dass Abgastests nicht vorschriftsmäßig durchgeführt wurden. Eine Woche später ist man der Wahrheit nun ein Stück näher gekommen: Bei Mitsubishi hat der Fehler System – und das seit 25 Jahren.
Der sechstgrößte Autohersteller räumte am Dienstag ein, dem japanischen Verkehrsministerium seit dem Jahr 1991 Daten übermittelt zu haben, die auf regelwidrigen Untersuchungsmethoden basierten. Aggressive interne Ziele könnten die Mitarbeiter unter Druck gesetzt haben, einen besseren Kraftstoffverbrauch anzugeben, wie es heißt. Bisher hatte der Konzern lediglich zugegeben, dass falsche Tests erst seit mindestens 2002 durchgeführt wurden.
Mitsubishi hat eigenen Angaben zufolge den Benzinverbrauch nach US-Standards und nicht nach den landesüblichen Vorschriften getestet. In Japan müssen Werte aus dem Stadtverkehr herangezogen werden, während in den USA der niedrigere Verbrauch bei Autobahnfahrten reicht. Anfang der 1990er-Jahre hätten die japanischen Behörden veränderte Testmethoden verlangt, um den Kolonnenverkehr in der Stadt besser abbilden zu können. „Wir hätten unsere Methoden ändern müssen, aber es hat sich herausgestellt, dass wir das nicht getan haben“, sagte Mitsubishis Vizepräsident Ryugo Nakao.
Bisher 625.000 Autos betroffen
Schon zur Jahrtausendwende hat Mitsubishi eine ähnliche Strategie bei einem anderen Problem gefahren. Damals ging es um Qualitätsmängel, die zwei Jahrzehnte lang vertuscht wurden. Wenige Jahre später kamen dann erneut Probleme ans Tageslicht. Damals eilten andere Unternehmen aus der Mitsubishi-Gruppe zu Hilfe. Ob das diesmal auch so sein wird, ist jedoch fraglich. In der vergangenen Woche sah es jedenfalls nicht danach aus.
Wie weitreichend die Folgen für den Autobauer nun sein werden, steht ebenfalls in den Sternen. Und hängt wohl auch von der Menge der betroffenen Fahrzeuge ab. Bisher ging es nämlich „nur“ um 625.000 Kleinwagen, die für den japanischen Markt produziert wurden. Wie viele Autos nun hinzukommen, wird wohl erst Gegenstand von Untersuchungen sein. Schadenersatzklagen sind jedenfalls nicht auszuschließen. Mitsubishi legt seine Jahreszahlen für das im März zu Ende gegangene Geschäftsjahr am heutigen Mittwoch vor. Eine mit externen Personen eingesetzte Kommission soll dann in rund drei Monaten erste Ergebnisse liefern. Auch muss der Autobauer alle Daten im Zusammenhang mit seinen Verbrauchswerten an die Behörden übermitteln. Andere Hersteller werden ebenfalls unter die Lupe genommen.
Der Aktienkurs hat bereits negativ reagiert: Am Dienstag fiel die Aktie um zehn Prozent. Seit der Vorwoche hat sich der Kurs halbiert. (nst)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.04.2016)