Michael Häupl prognostiziert Neuwahlen im Bund für 2017

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SP�-PARTEIPR�SIDIUM: H�UPL(c) APA/HERBERT NEUBAUER
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Der Bürgermeister fordert in der SPÖ eine rasche Strategiedebatte. Personaldiskussionen will er nicht. Vorerst.

Wien. Hat er echte Zweifel? Oder will er den Koalitionspartnern im Bund bloß eine Warnung übermitteln? Oder beides? Beim Wiener Bürgermeister weiß man nie so recht. Gestern, Dienstag, befeuerte Michael Häupl vor Journalisten jedenfalls Neuwahlgerüchte: „Ich gehe nicht davon aus, dass die Koalition bis 2018 hält“, so Häupl. Und er tippte darauf, dass schon nächstes Jahr gewählt wird.

Schuld daran ist aus Rathaussicht die ÖVP: Er selbst, betonte Häupl, wünsche sich keine Neuwahlen, aber er habe das Gefühl, dass die ÖVP „uns aus der Regierung rausschmeißen will“. Konkret gemeint sind ÖVP-Klubchef Reinhold Lopatka und der niederösterreichische Landeshauptmann, Erwin Pröll, der die SPÖ zuletzt scharf kritisiert hat. Die ÖVP, so Häupl, verstehe unter Regieren, dass sich die SPÖ unterwerfe – etwa bei der Mindestsicherung: „Aber wir tanzen sicher nicht nach dem Diktat der ÖVP.“ Von deren Chef, Reinhold Mitterlehner, gab es übrigens ein umgehendes Dementi zu Häupls Neuwahlgerücht: „Das ist ein recht netter Quatsch.“ Werner Faymann formulierte höflicher: „Wahltag ist 2018.“

„Tiefer geht es nicht mehr“

Apropos Faymann: Eine Personaldebatte über den Parteichef will Häupl nicht führen. Auch wenn er andere Meinungen wie etwa jene von Ex-SPÖ-Finanzminister Ferdinand Lacina respektiere und wisse, dass es in der Wiener Partei „nicht nur Zustimmung für meine Haltung gibt“. Aber, so Häupl: Eine Personaldebatte würde nur eine wichtigere Diskussion behindern. Die SPÖ müsse nämlich rasch, also noch vor dem Parteitag im Herbst, über Strategien diskutieren, wie die FPÖ zu bremsen sei und wie man die Nationalratswahl gewinne. Sobald die richtige Strategie gefunden sei, „braucht es keine Personaldebatte mehr“, folgerte Häupl. Was das heißt – nämlich, ob Faymann bleibt oder ob eine neue Strategie einen neuen Parteichef braucht –, ließ Häupl offen. Nicht beantworten wollte er auch eine andere Personalfrage: Warum Rudolf Hundstorfer als Wiener in Wien so schlecht abgeschnitten habe. Das bedürfe einer „tiefer gehenden Analyse“.

Dass Häupl glaubt, dass die SPÖ diesmal wirklich etwas ändern wird, hat er mit „Leidensdruck, der vielleicht bis jetzt nicht groß genug war“, begründet, aber: „Tiefer geht es nicht mehr.“ Und: „Ich kann den Satz: ,Man muss die Sorgen der Menschen ernst nehmen‘, nicht mehr hören“, so Häupl. Man müsse stattdessen endlich dort hingehen, wo die Unzufriedenen seien – „in die Werkskantinen und Vorstadtwirtshäuser“ – und ihnen zuhören. Und man müsse in einer Sprache reden, die die Leute verstehen. Was das betreffe, gab Häupl zu, könne man einiges von der FPÖ lernen. Deren Ideen will er übrigens nicht „a priori ablehnen“, „nur weil sie von der FPÖ seien“. Auch er sei etwa für ein Ende der Russland-Wirtschaftssanktionen. Allerdings helfe es der SPÖ nicht, der FPÖ nach dem Mund zu reden, und er sehe auch keine inhaltliche Schnittmenge – auch wenn, wie Häupl einräumt, SPÖ-intern seit der Koalition im Burgenland die Debatte über Rot-Blau eröffnet sei. Tatsächlich äußerte sich Häupl recht freundschaftlich gegenüber dem burgenländischen Landeshauptmann: So sei er weder gegen Grenzkontrollen noch gegen eine Mitgliederbefragung zum Thema Asyl.

Dass seine, die Wiener Partei, in der Asylfrage gespalten ist, findet Häupl übrigens nicht (man diskutiere „lebendig“) und auch einen Zickzackkurs habe es nie gegeben: „Das Durchwinken von Hunderttausenden war doch kein Kurs.“ Mit der Bundespartei gebe es auch keine Differenzen mehr. Er sehe zwar derzeit keinen Notstand, so Häupl, aber die Asylnovelle sei in Ordnung. Wählen wird Häupl am 22. Mai übrigens Alexander Van der Bellen. Warum das andere prominente Sozialdemokraten wie Niessl nicht so klar sagen, wisse er nicht: „Vielleicht nimmt er das Wahlgeheimnis ernster als ich.“ (uw)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.04.2016)

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