Weiche Schale, harter Kern: Hofers Nebenwirkungen auf Strache

A banner of Austrian presidential candidate Norbert Hofer is covered with snow in Gnadenwald
A banner of Austrian presidential candidate Norbert Hofer is covered with snow in GnadenwaldREUTERS
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Mit 35,1 Prozent der Stimmen erzielte Hofburg-Kandidat Norbert Hofer einen Rekord. Sein Parteichef ist nun im Zugzwang.

Ein weiblicher Fan spricht ihn vorsichtig an: Ob sie ein Foto mit ihm aufnehmen dürfe? Natürlich darf sie, antwortet Heinz-Christian Strache. Er stellt sich in Pose. Sie lächelt, es knipst.

Den Auslöser drückt ein gewisser Norbert Hofer, immerhin Kandidat für die Wahl zum Bundespräsidenten. Wenn er und Strache unterwegs sind, zieht immer noch der Parteichef die meiste Aufmerksamkeit auf sich. Kein Wunder, 340.000 Personen „gefällt“ der FPÖ-Chef mittlerweile auf Facebook. Mehr als 250.000 Personen haben ihm bei der vergangenen Wien-Wahl ihre Stimme gegeben. Und seit mehr als zehn Jahren steht er an der Spitze der Freiheitlichen.

Mehr als zehn Jahre, so lang ist Hofer auch Straches Stellvertreter. Er arbeitete das Parteiprogramm aus, verhandelte das rot-blaue Koalitionsabkommen im Burgenland mit. Seit 2013 ist er Dritter Nationalratspräsident. Immer, mehr oder weniger, im Hintergrund. Doch die Zeiten sind vorbei.

35,1 Prozent der Stimmen erhielt Hofer am Sonntag bei der Bundespräsidentschaftswahl. Das sind nicht nur 13,8 Prozentpunkte mehr als sein grüner Gegner in der Stichwahl, Alexander Van der Bellen, erzielt hat. Sondern auch ein Rekordwert unter den Wahlergebnissen der FPÖ (mit Ausnahme Kärntens). Zum Vergleich: Strache erzielte bei der Wien-Wahl im Vorjahr rund 30,8 Prozent der Stimmen. Und bei der Nationalratswahl im Jahr 2013 waren es 20,5 Prozent.

Es drängt sich also die Frage auf: Kommt Hofer bei den Menschen besser an als Strache? Und welche Auswirkungen hat die Wahl auf den Parteichef?

Sicher, der Wahlerfolg am Sonntag hatte mehrere Gründe. Der wachsende Unmut in der Bevölkerung gegen die Regierung, zum Beispiel. Aber auch die Person Norbert Hofer: Er positioniert sich bewusst als netter Blauer von Nebenan, grenzt sich von der angriffigen Art der Freiheitlichen ab. Allerdings nur rhetorisch – inhaltlich ist er ganz auf FPÖ-Linie.

Nächstenliebe als Versuch

Diese Positionierung will Hofer auch weiterhin beibehalten. Er könne auch gar nicht anders, sagt er von sich selbst. Er sei einfach so – so nett.

Weiche Schalte, harter Kern – ist das der Weg für die FPÖ, Wahlen zu gewinnen? In der Partei glaubt man vereinzelt schon, dass Hofers Erfolg Auswirkungen auf künftige Kampagnen haben könnte. Etwas softer könnte Strache in Zukunft auftreten. Zum Teil hatte er es – für seine Verhältnisse – in der Vergangenheit zumindest versucht. Auf Plakaten beschwor er beispielsweise die Nächstenliebe. Zwar hauptsächlich für Österreicher, aber immerhin. Und die John-Otti-Band machte „Liebe ist der Weg“ zum Wahlkampf-Song.

Aber Urnengang sei nicht gleich Urnengang, meint Strache nach dem Wahlsonntag. Die Hofburg-Wahl sei nicht direkt mit anderen vergleichbar. Bei der Kür zum Bundespräsidenten würden sich mehr Menschen trauen, Proteststimmen zu verteilen. Und ganz allgemein: Die Ausgangslage sei auch jedes Mal eine andere.

Bestes Beispiel dafür sei Wien, merkt Strache an: In der Hauptstadt habe Hofer rund 50.000 Stimmen weniger geholt als bei der Landtagswahl, als Strache Spitzenkandidat war – nämlich knappe 201.000 Stimmen. Egal wie die Stichwahl am 22. Mai ausgehen wird – für Strache birgt beides eine Gefahr. Schafft es Hofer nicht in die Hofburg, sitzt im Parlament ein Dritter Nationalratspräsident, der höhere Wahlergebnisse erzielt hat als er selbst. An diesen Maßstäben muss er sich künftig messen lassen.

Der Proteststimmen-Effekt

Zieht Hofer wiederum in die Hofburg ein, könnte der Proteststimmen-Effekt verfliegen: Geht er als Bundespräsident eine nicht so aktive Rolle ein, wie er es im Wahlkampf versprochen hat („Sie werden sich wundern, was alles gehen wird“), könnten die Wähler ihn als Teil des Polit-Establishments sehen und zum Teil ihr Vertrauen in FPÖ-Versprechen verlieren.

Auch, was einen potenziellen Bundeskanzler Heinz-Christian Strache betrifft.

AUF EINEN BLICK

FPÖ-Kandidat Norbert Hofer tritt am 22. Mai gegen Alexander Van der Bellen von den Grünen in der Stichwahl um das Amt des Bundespräsidenten an. Die Freiheitlichen erreichten mit dem Dritten Nationalratspräsidenten als Spitzenkandidaten mehr als 35 Prozent der Stimmen. Zum Vergleich: Parteichef Heinz-Christian Strache schaffte bei der vergangenen Wien-Wahl 30,8 Prozent, bei der Nationalratswahl 20,5 Prozent.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.04.2016)

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