Die SPÖ-Führung versucht, ihre Genossen noch vor dem Maiaufmarsch zu einen. Die Bundespartei zieht zwar nicht den Parteitag, aber zumindest den SPÖ-Vorstand vor.
Wien. Der Termin des Parteitags ist, wie man in Teilen der SPÖ so schön sagt, in Stein gemeißelt: Er soll im November stattfinden. Eine Vorverlegung, wie sie etwa der Kärntner Parteichef, Peter Kaiser, angedacht hat, wird von der Parteispitze abgelehnt.
Den Kritikern kommt man aber dennoch entgegen. Zumindest um eine Woche: Der nächste Bundesparteivorstand findet am 9. statt am 17. Mai statt. Laut Statuten hat jede Organisation das Recht, einen Vorstand zu beantragen. Die Parteijugend machte davon Gebrauch und stellte einen entsprechenden Antrag. Die Bundespartei müsste dem binnen eines Monats nachkommen. Man habe sich aber bemüht, einen früheren Termin zu finden, heißt es aus der SPÖ-Zentrale.
Wiener ziehen Sitzungen vor
Auch die von Flügelkämpfen erschütterte Wiener SPÖ zieht ihren Parteivorstand vor. Dieser wird nicht in drei Wochen, sondern bereits am nächsten Montag stattfinden, wie der „Presse“ seitens der Partei bestätigt wird. Das ist praktischerweise der Tag nach dem 1. Mai. Also jener Tag, an dem klar ist, wie massiv die Proteste und der Widerstand gegen Werner Faymann tatsächlich sind – womit die mächtigste rote Landespartei umgehend auf die Ereignisse am Feiertag reagieren kann.
In roten Kreisen ist zu hören, dass es für Faymann wirklich eng wird, wenn die Proteste beim Hochamt der Sozialdemokratie „deutliche Ausmaße“ annehmen: Komme Faymann mit seiner Rede nicht mehr durch, gehe sie wegen massiver Proteste öffentlich unter, dann werde Michael Häupl seine schützende Hand von ihm nehmen, prognostizieren nicht wenige Wiener Genossen. Wobei die Grundlage dafür bereits gelegt ist: Einige Gruppen (Jugendorganisationen und Bezirke) planen bereits Proteste. Welche Ausmaße diese annehmen bzw. ob sie eine (für Faymann) destruktive Eigendynamik auslösen, ist derzeit offen.
Dieses Szenario möchte die Parteispitze naturgemäß verhindern. Derzeit laufen hinter den Kulissen zahlreiche Gespräche zur Vorbereitung samt Aufrufen zur Einigkeit, damit die Situation am 1. Mai nicht eskaliert. Beim Landesparteitag der Wiener SPÖ vor rund zwei Wochen hat das gerade noch funktioniert. In der Zwischenzeit ist der Konflikt eskaliert, vor allem auf Wiener Ebene, weshalb unklar ist, ob sich Werner Faymann über den Sonntag wird retten können. Mit der Vorziehung der Tagung der wichtigsten Wiener Gremien am Montag hat sich Häupl zumindest einmal vorbereitet.
Vor dem Maiaufmarsch rückte er aber noch aus, um sich demonstrativ hinter Faymann zu stellen. Und SPÖ-Sozialminister Alois Stöger tat es ihm nach: Er, Stöger, rechne damit, dass auch der nächste Parteivorsitzende der Sozialdemokraten wieder Faymann heißen werde. „Davon gehe ich aus“, sagte er am Freitag. „Ich denke, dass es keinen Sinn hat, Personaldiskussionen zu führen“, erklärte er weiter. Für Stöger ist Faymann jedenfalls der richtige Mann an der Parteispitze: „Für mich ist er der gewählte Vorsitzende der Partei. Er ist gewählt und daher ist er es.“
Wie geht man mit der FPÖ um?
Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser meldete sich in ihrer Funktion als Vize-Parteichefin zu Wort: Sie sei dafür, dass sich Faymann am Parteitag wieder zur Wahl des Parteichefs stelle. Aber die Sozialdemokratie müsse auch „den Umgang mit der Freiheitlichen Partei klären“, sagte sie in der „ZiB2“. „Wir haben zwar einen Beschluss, dass es keine Koalition mit der FPÖ geben soll. Die Realität schaut anders aus.“ Die SPÖ müsse daher eine einheitliche Linie finden.
Ist Oberhauser also selbst für eine Öffnung der SPÖ in Richtung FPÖ? Nein, heißt es aus ihrem Büro. Vielmehr müsste sich die Partei gemeinsam auf eine Position einigen. „Daran müssten sich dann aber auch alle halten“, heißt es weiter. Auch mit Blick in Richtung Burgenland.
AUF EINEN BLICK
Der Parteitag der SPÖ soll planmäßig erst im November stattfinden. In den vergangenen Tagen wurden immer mehr Stimmen laut, die eine Vorverlegung forderten. Auslöser war das desaströse Ergebnis bei der Bundespräsidentschaftswahl. Die SPÖ-Spitze hält an ihrem Termin fest. Als Kompromiss (und weil die Jugendorganisationen einen entsprechenden Antrag eingebracht haben) wird zumindest der Bundesparteivorstand vorgezogen.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.04.2016)