Online-Hass trifft echte Menschen

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Hass im Netz ist ein allgegenwärtiges Problem. In dem aktuellen Video #MoreThanMean treffen diese anonymen Beschimpfungen echte Menschen.

Der Moderator Jimmy Kimmel lässt seit einigen Jahren Promis gemeine Tweets über sich vorlesen. Das ist meist sehr witzig, aber es zeigt ganz klar, dass auf Online-Netzwerken die letzten Dämme einer lang hochgehaltenen Gesprächskultur gebrochen sind. Die Tweets, die Jimmy Kimmel George Clooney, Sharon Stone und sogar Barack Obama vorlesen lässt, sind oft hart an der Grenze, aber nicht von der schlimmsten Sorte. Eine Kampagne von Just Not Sports ging diesen Schritt und setzte männliche Sportfans gegenüber von Sarah Spain und Julie DiCaro: zwei Sportmoderatorinnen, die täglich mit einer Flut an sexistischen Verbalattacken und Gewaltandrohungen via Twitter zu kämpfen haben. Was zu Beginn noch aussieht wie ein Ableger von Jimmy Kimmels „Mean Tweets“ entwickelt sich schnell zu einer bedrückenden Situation: für die Sportmoderatorinnen, die Männer, die zum Teil das Vorlesen verweigern, und den Zuschauer.

„Ich hoffe, ein Hockeyspieler schlägt dich tot“, „Ich hoffe, du wirst wieder vergewaltigt“, „Ich hoffe, du wirst das nächste Opfer von Bill Cosby“, und die Aneinanderreihung von Schlampe, Hure und anderen Beleidigungen ist nur ein kleiner Auszug dessen, was die Moderatorinnen täglich zu hören beziehungsweise zu lesen bekommen.

Kein Frauenproblem. Das Video #MoreThanMean soll dabei nicht nur darauf aufmerksam machen, dass nach wie vor einige Menschen Probleme damit haben, Frauen in typischen Männerpositionen zu sehen, sondern vielmehr darauf, dass diese Beleidigungen eine reale Person treffen. Dabei handelt es sich bei Cyber-Mobbing um kein Problem, das nur Frauen betrifft.

Das hat auch die österreichische Regierung verstanden. Denn seit 1. Jänner 2016 gilt das Cyber-Mobbing als eigener Straftatbestand. Der Paragraf 107c, Fortgesetzte Belästigung im Wege einer Telekommunikation oder eines Computersystems, sieht eine Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr vor, oder eine Geldstrafe mit bis zu 720 Tagessätzen. Die Strafen können empfindlich höher ausfallen, wenn das Mobbingopfer aufgrund der nicht enden wollenden Beschimpfungen, Verleumdungen und der dadurch entstehenden sozialen Ausgrenzung Suizid begeht. Drei Jahre Haft kann in solchen Fällen ebenso drohen.

Bei diesem Paragrafen geht es nicht darum, dass Meinungsfreiheit nicht mehr zulässig ist, sondern darum, dass die Art der Äußerung auf dem Prüfstand steht. Man kann Kritik äußern. Ein altes Sprichwort bringt es dabei auf den Punkt: „Der Ton macht die Musik“; da haben Beleidigungen nichts zu suchen.

Die Angst als Regulativ.DerHass im Netz ist unwiderlegbar. Es gibt viele Thesen darüber, wie es zu einer derart verrohten und brutalen Kommunikation im Internet kommen konnte.

Dass dabei vor allem als erster Grund die Anonymität genannt wird, überrascht nicht, ist aber nur ein Teil der Wahrheit. Auf Twitter posten viele mit echtem Namen und Profilbild. Die Konsequenzen nicht bedenkend, denn das war bis Anfang 2016 nicht wirklich notwendig. Die Angst vor einem gerichtlichen Verfahren könnte helfen. Es muss ein Umdenken passieren. Online-Trolling ist nicht harmlos.

In dem Video von Just Not Sports wird den Zusehern ein wichtiger Tipp gegeben: „Würde man sich nicht trauen, das Geschriebene jemandem ins Gesicht zusagen, dann sollte man es auch nicht schreiben.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.05.2016)

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