Das "Regime der Ruhe" für Damaskus wurde verlängert. Auch die besonders heftig umkämpfte Stadt Aleppo könnte in die regionalen Feuerpausen einbezogen werden, sagt US-Außenminister Kerry.
Angesichts der jüngsten Kämpfe in Syrien hat US-Außenminister John Kerry beklagt, die Situation sei dort "in vielerlei Hinsicht außer Kontrolle" geraten. Nach Gesprächen mit dem UN-Sondergesandten Staffan de Mistura sagte Kerry am Montag in Genf, er werde mit seinem russischen Kollegen Sergej Lawrow telefonisch über die Lage sprechen, bevor dieser den UN-Sondergesandten am Dienstag in Moskau empfängt. Paris schlug ein internationales Treffen zur "Wiederherstellung der Waffenruhe" vor.
Die Feuerpause um die Hauptstadt Damaskus wurde am Montag abermals verlängert. Wie syrische Staatsmedien und das russische Militär berichteten, soll dort das "Regime der Ruhe" für 48 weitere Stunden gelten. Die am Freitag ausgerufene Kampfpause wird damit zum zweiten Mal verlängert. Eine Ausweitung auf die heftig umkämpfte Stadt Aleppo gelang zunächst allerdings nicht.
Kerry warf den Truppen des syrischen Präsidenten Bashar al-Assad vor, bei Angriffen auf Kliniken in Aleppo Ärzte und Patienten getötet zu haben. Derartige Angriffe seien "unbegreiflich" und müssten "aufhören", sagte Kerry. Die am 27. Februar ausgerufene Waffenruhe war in der vergangenen Woche vielfach durchbrochen worden. Seit dem 22. April wurden mehr als 250 Zivilisten allein in Aleppo getötet.
Gespräche über Staatsaufbau
Russland forderte die syrische Opposition zu direkten Gesprächen mit der Regierung bei der kommenden Runde der Genfer Friedensverhandlungen auf. Außerdem sollten dann die syrischen Kurden beteiligt werden, sagte Vizeaußenminister Gennadi Gatilow am Montag in Moskau der Agentur Interfax. Nur unter diesen Bedingungen könnten die Gespräche Mitte Mai effektiv sein. Es solle dann schon um den künftigen syrischen Staatsaufbau gehen, erklärte Gatilow.
Der russische Diplomat ging in dem Interview nicht auf die Forderung des US-Außenministers John Kerry nach einem Moskauer Machtwort gegenüber Assad ein. Kerry verlangte in Genf, das Regime solle seine Luftangriffe auf die Stadt Aleppo einstellen und zur landesweiten Waffenruhe zurückkehren.
Treffen zur "Wiederherstellung der Waffenruhe"
Die französische Regierung schlug unterdessen ein Treffen der internationalen Syrien-Kontaktgruppe vor, der 17 Staaten - sowohl Unterstützer der syrischen Regierung als auch der Opposition - angehören. Das Treffen solle zur "Wiederherstellung der Waffenruhe" dienen, sagte ein Sprecher des Pariser Außenministeriums.
Der französische Außenminister Jean-Marc Ayrault sagte bei einem Besuch in Mali, die Luftangriffe auf Aleppo müssten beendet werden. Keine Initiative dürfe verpasst werden, mit der erreicht werden könne, dass "die Waffenruhe wieder greift", fügte Ayrault hinzu. Der saudiarabische Außenminister Adel al-Jubeir sagte nach einem Treffen mit Kerry in Genf, die Geschehnisse von Aleppo seien eine "Schande".
De Mistura will am Dienstag in Moskau mit Lawrow zusammentreffen. Russland ist die wichtigste Stütze der Assad-Regierung. Die russische Regierung hatte erklärt, sie werde Assads Truppen nicht von Angriffen auf Aleppo abhalten, wenn diese zur Bekämpfung islamistischer Milizen dienten. Die Kämpfe der vergangenen Woche könnten ein vollständiges Zusammenbrechen der Waffenstillstandsvereinbarungen nach sich ziehen, die seit Ende Februar ein erhebliches Abklingen der Kämpfe ermöglicht hatten.
Vom 13. bis 27. April fand in Genf die dritte Runde der Syrien-Verhandlungen statt. De Mistura will im Verlauf des Monats Mai eine Fortsetzung dieser Gespräche ansetzen. Er setzt darauf, dass die Waffenruhe durchgesetzt werden kann, wenn dies von den USA und Russland gemeinsam unterstützt wird.
Erneut Angriffe aus der Luft
In Aleppo gab es am Montag erneut Luftangriffe. Mehrere von Rebellen kontrollierte Stadtteile wurden getroffen, darunter das bevölkerungsreiche Viertel Bustan al-Qasr. Unklar blieb zunächst, ob die Angriffe von syrischen oder von russischen Kampfjets geflogen wurden. Im Laufe des Tages beruhigte sich die Lage.
Bei Angriffen der türkischen Streitkräfte auf Stellungen der Jihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) in Syrien wurden nach türkischen Angaben mehr als 60 IS-Kämpfer getötet. Die Nachrichtenagentur Anadolu meldete am Montag, 34 IS-Kämpfer seien beim Beschuss durch türkische Artillerie und Raketen getötet worden. Die private Nachrichtenagentur DHA berichtete, Kampfdrohnen hätten weitere 29 Kämpfer getötet.
(APA/Reuters/AFP)