Das Kebab der japanischen Küche

(c) EPA (Andy Rain)
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So mancher kulinarische Exportschlager scheint nur dafür gemacht, die Würde des essenden Mitteleuropäers mit Füßen zu treten.

Dazu muss man nicht einmal an ein Dürüm-Kebab denken, dessen Verzehr ohne massiven Austritt von Sauce „mit alles und scharf“ auf Boden oder Bekleidung kaum zu bewältigen ist. Nein, auch die japanische Küche kann zur Kriegserklärung werden. Speziell Maki – die gerollte Sushi-Variante, Sie wissen schon – sind gefährliche Kampfstoffe, mit denen der durchschnittlich versierte Österreicher nicht und nicht umzugehen weiß.

Es sind weniger die kleinen Reisröllchen, aus denen ein Stückchen Lachs oder Gurke blinzelt, sondern die überdimensionalen Walzen, in denen sich vierundzwanzig Fisch- und Gemüsesorten um die Mitte drängen, und die nur ein Blatt Seetang von der Explosion abhält. Denn egal, wie man es angeht, man verliert immer. Bei Variante eins, bei der das gesamte Stück auf einmal in den Mund geschoben wird und der Esser für fünf Minuten mehr einem verzweifelt kauenden Goldhamster ähnelt denn einem Menschen. Aber auch bei der zweiten Variante, dem Versuch des Abbeißens, ist letztlich kein Land zu gewinnen. Denn kein noch so gezielter Biss durchtrennt das Seetangband – das sich in weiterer Folge löst und Reis, Fisch und Gemüse mit einer ausrollenden Bewegung der Schwerkraft übergibt.

Auf der anderen Seite montiert manche Nation auch Stützräder auf das kulinarische Rad des schlingernden Urlaubers. Dass etwa die Italiener den Österreichern und Deutschen einen Löffel in die Hand drückten, auf dass sie nicht im Gewirr aus Nudeln untergehen, muss man als Form der Entwicklungshilfe betrachten. Dumm nur, dass die Geholfenen so wohl nie lernen, Spaghetti wie richtige Italiener zu essen.


erich.kocina@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.07.2009)

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