Südtirol: Debatte um Selbstbestimmung erneut entfacht

Im heurigen Gedenkenjahr tragen Schützenverbände und rechte Parteien beiderseits des Brenners die Diskussion wieder in die Öffentlichkeit.

Im diesjährigen Gedenkjahr anlässlich des Tiroler Freiheitskampfes gegen Franzosen und Bayern ist in Südtirol die Debatte um Selbstbestimmung und Autonomie erneut entfacht. Kristallisationspunkte waren unter anderem eine Kundgebung der Südtiroler Schützen gegen faschistische Denkmäler, ein Beschlussantrag der Bewegung "Süd-Tiroler-Freiheit", wonach die ehemaligen Südtirol-Aktivisten begnadigt werden sollen, und ein darauffolgender verbaler Rundumschlag des italienischen Außenministers Franco Frattini gegen die "neuen separatistischen Bewegungen" in Südtirol.

Getragen wurde die Auseinandersetzung vorwiegend von den Parteien "Süd-Tiroler-Freiheit" und der Union für Südtirol, sowie von den Südtiroler Schützen, die bereits in der Vergangenheit immer wieder für ein Selbstbestimmungsrecht Südtirols eingetreten waren. Landtagsabgeordnete beider Parteien forderten in regelmäßigen Abständen eine sachliche Fortsetzung der Diskussion über Selbstbestimmung und die Weiterentwicklung der Autonomie Südtirols. Dabei betonten diese immer wieder, dass eine derartige Diskussion nicht tabuisiert werden dürfe.

Bereits Anfang des Jahres war die Autonomie im Zentrum von Querelen zwischen Rom und Bozen gestanden. Rundumschläge italienischer Minister, wie eine Forderung nach einer Untersuchungskommission gegen die Südtirol-Autonomie seitens der Ministerin Mara Carfagna, eine Drohung von Minister Roberto Calderoli, vertraglich verbriefte Steuergelder für Südtirol einzufrieren, oder ein Gesetzesantrag von Giorgio Holzmann, die vierjährige Ansässigkeitsklausel abzuschaffen, hatten das Thema Autonomie ins Zentrum des öffentlichen Interesses gerückt.

Einen weiteren neuralgischen Punkt bildete eine Kundgebung der Südtiroler Schützen gegen faschistische Relikte am 25. März dieses Jahres, bei der vor allem die "massive Polizeipräsenz" negativ auffiel. Rund 3.500 Teilnehmern standen etwa 600 Polizisten gegenüber. Anlass für den Protest war das Alpini-Denkmal in Bruneck das auch "Kapuziner Wastl" genannt wird und dessen Entfernung von den Schützen gefordert wird. In den 60-iger Jahren war das Denkmal Ziel von Anschlägen der Südtirol-Aktivisten, die darin ein Symbol der italienischen Herrschaft in Südtirol sahen. Neben der Entfernung der faschistischen Denkmäler forderten die Schützen damals das Selbstbestimmungsrecht für Südtirol ein.

Ein Beschlussantrag der Bewegung "Süd-Tiroler Freiheit", wonach die ehemaligen Südtirol-Aktivisten begnadigt werden sollten, hatte dann zu einem vorläufigen Höhepunkt in der Debatte geführt. Weil der Antrag vom Landtag mehrheitlich angenommen worden war, platzte Außenminister Frattini der Kragen. Er ging mit der Aktion der Schützen scharf ins Gericht und forderte, ihnen die "Gewehre abzunehmen". Zudem betonte er, dass die italienische Regierung "Null Toleranz" für die neuen "separatistischen Bewegungen" in Südtirol zeigen werde.

In weiterer Folge hatten sich der italienische Innenminister Roberto Maroni und Landeshauptmann Luis Durnwalder (SVP) um Deeskalation bemüht. Bei einem Besuch Frattinis in Südtirol wurde von den beiden ein "Runder Tisch" ins Leben gerufen, der das Zusammenleben und den Dialog zwischen den drei Sprachgruppen in Südtirol fördern soll. Durnwalder betont damals, dass er sich klar zur Autonomie bekenne. Die Ausrufung der Selbstbestimmung sei nur dann gerechtfertigt, wenn sich Italien nicht mehr an die Verträge halte.

Einen eigenen Standpunkt in der Diskussion nahmen die Südtiroler Freiheitlichen ein. Diese sprachen sich für einen Freistaat Südtirol aus, der ein Kompromiss sei, mit dem alle Seiten zufriedengestellt werden könnten. Denn sowohl können die Südtiroler mit dem italienischen Staat als auch die Italiener in Südtirol mit Österreich nichts anfangen. Die Autonomie ausbauen, sei hingegen nicht genug.

(Schluss) wim/son/za

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