Was die Matura bringen wird

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FOTOTERMIN ANL. AUSLIEFERUNG DER ZENTRALMATURAFRAGEN(c) APA/ROBERT JAEGER
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Ab Montag schreiben erstmals alle 40.500 Maturanten zeitgleich ihre Klausuren. Denn die BHS ziehen nach. Wenig Vergleichbarkeit, Geschlechterkluft und Debatten über geschönte Noten: Das bringt die Reifeprüfung.

Wien. Es ist die eigentliche Premiere: Am Montag um exakt 8.30 Uhr sitzen erstmals in Österreich alle 40.500 Maturanten zeitgleich vor identen Aufgaben. Denn nach den Gymnasiasten im Vorjahr sind bei der Zentralmatura heuer auch die Schüler der berufsbildenden höheren Schulen (BHS) dabei, also jene an den HAK oder HTL. Zehn Tage lang werden insgesamt elf Fächer zentral abgeprüft. Ein Abriss, welche Diskussionen und Lehren die diesjährige Reifeprüfung bringen wird.

1 Viele Varianten. Und mehr Diskussionen über die Vergleichbarkeit.

Bei der Deutschmatura am Montag werden tatsächlich alle Maturanten vor einheitlichen Fragen sitzen. Doch das bleibt selbst bei der Zentralmatura die Ausnahme. Denn sonst gibt es kaum einheitliche Aufgaben zwischen Gymnasien und BHS. Auch innerhalb der AHS und BHS gibt es Unterschiede bei den Maturaaufgaben. Ein Extrembeispiel ist die Mathematikmatura. An den AHS ist diese zwar einheitlich. An den BHS gibt es einen Teil, der an allen Schulen – von der HTL bis zur Bildungsanstalt für Kindergartenpädagogik – gleich ist. Teil zwei ist je nach Schultyp unterschiedlich. Allein an den HTL gibt es sechs unterschiedliche Formen, insgesamt zehn Varianten. Darunter leidet die Vergleichbarkeit. Ein Einser in Mathematik an der HTL bleibt etwas anderes als ein Sehr gut am Gymnasium. Man kann nicht davon ausgehen, dass die Schüler das Gleiche können. Das wird noch für Diskussionen sorgen.

2 Von ORG bis HTL. Schwierigkeiten für manche Schultypen.

Bei manchen Schultypen werden nach der Zentralmatura die Alarmglocken schrillen – nicht nur bei den Oberstufengymnasien. Diese haben bei der Premiere der neuen Reifeprüfung deutlich schlechter abgeschnitten als die achtjährigen Gymnasien – was bereits Debatten über Extrastunden oder eine Verlängerung der Schulzeit an ORG ausgelöst hat. Schwierigkeiten könnte es aber auch an einigen berufsbildenden höheren Schulen geben: So mussten etwa HTL-Schüler bisher keine verpflichtende Englischmatura absolvieren, Schüler an humanberuflichen Schulen keine verpflichtende Mathematikmatura.

3 Kluft zwischen Mädchen und Buben. Und die Suche nach Ursachen.

Die Leistungskluft zwischen Mädchen und Buben führte schon im Vorjahr zu heftigen Debatten. Beim ersten schriftlichen Termin kassierten Schülerinnen sogar in Englisch, einem Fach, in dem Mädchen normalerweise besser abschneiden, um 60 Prozent mehr Nicht genügend als ihre Mitschüler – was Fragen über die Gestaltung der Prüfung aufwarf. Es ist nicht anzunehmen, dass es sich in diesem Jahr grundlegend anders verhält.

4 Keine ernsthaften logistischen Pannen. Plan B funktioniert.

Wenn die Macher der Zentralmatura etwas bewiesen haben, dann eines: Die Logistik funktioniert. Grobe Malheurs, wie sie manche befürchtet haben (Stichwort Maturaaufgaben, die im Internet landen), sind ausgeblieben. Nachdem vergangenen Mai in einer Salzburger Schule eingebrochen und ein Kuvert mit Lateinprüfungen geöffnet worden war, funktionierte der Notfallplan reibungslos. Ebenso im Februar mit Englisch. Auch Pannen wie zu wenige Prüfungsbögen (so geschehen bei der Matura im Jahr davor) gab es keine.

5 Weniger Panik. Die Stimmung vor der Matura ist besser.

Dass es keine offensichtlichen Patzer gegeben hat, trägt wohl mit dazu bei, dass dieses Jahr deutlich weniger Panik als im Vorjahr herrscht. Auch ein Grund: Im Durchschnitt war bei den Noten alles im Lot.

6 Diskussionen über geschönte Noten. Und mögliche Anpassungen.

Über die Noten wurde allerdings im Nachhinein diskutiert. Und das wird wohl auch dieses Jahr wieder passieren. Konkret wurde die die Frage aufgeworfen, inwiefern Lehrer bei den mündlichen Kompensationsprüfungen womöglich ein Auge zudrücken – um Versagen bei der schriftlichen Prüfung wiedergutzumachen. Eine Alternative wäre, die Prüfungen, mit denen Maturanten sich Fünfer ausbessern können, auch schriftlich durchzuführen. Die AHS-Lehrer hätten nichts gegen eine solche Änderung.

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AUF EINEN BLICK

Die Zentralmatura ist dieses Jahr auch für die BHS-Maturanten Pflicht.

Offiziell heißt die neue Matura standardisierte kompetenzorientierte Reifeprüfung (AHS) bzw. Reife- und Diplomprüfung (BHS).

Sie hat drei Säulen: Vorwissenschaftliche Arbeit bzw. Diplomarbeit, schriftliche und mündliche Prüfung.

Am Montag startet die Zentralmatura mit der Klausur in Deutsch. Bis zum 19. Mai finden Prüfungen statt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.05.2016)

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