Kritik an Ahmadinejad wächst vor Vereidigung

Proteste in Teheran
Proteste in Teheran(c) AP (David Goldman)
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Der Rückhalt des iranischen Präsidenten bröckelt: Nun soll eine Sonderkommission die Lage der oppositionellen Gefangenen in den Gefängissen überprüfen. Auch die Demonstrationen auf den Straßen Teherean gehen weiter.

Rund eine Woche vor der Vereidigung des iranischen Präsidenten Mahmoud Ahmadinejad bröckelt in der Führungsriege des Landes der Zusammenhalt. Ahmadinejad lehnte am Montag den Rücktritt des Kulturministers Mohammad-Hassan Saffar-Harandi ab. Das Parlament setzte unterdessen eine Sonderkommission ein, die nach den heftigen Protesten gegen die umstrittene Präsidentschaftswahl die Lage der Gefangenen untersuchen soll.

Oppositionsführer Mir-Hossein Moussavi erklärte am Montag, die Proteste reformorientierter Kräfte, die nach den umstrittenen Präsidentenwahlen von 12. Juni begonnen hatten, würden fortgesetzt. Aus der Website des nach offiziellen Angaben unterlegenen Präsidentschaftskandidaten hieß es, die iranische Führung müsse die Verfassung respektieren. "Lasst uns am Donnerstag zusammenkommen, um der uns lieben Menschen zu gedenken, die getötet wurden", sagte Moussavi.

Weiters bezeichnete Moussavi die Todesfälle und Festnahmen im Zuge der Proteste als "Katastrophe". Das Volk würde den für diese Verbrechen Verantwortlichen nicht vergeben. Er sei sicher, dass die Justizbehörden über viele Festnahmen gar nicht informiert seien, so Moussavi.

"Chaotischer Tag für die Regierung"

Die konservative Zeitung "Tehran Emrus" berichtete am Montag von einem "chaotischen Tag für die Regierung": Am Vortag hatten mehrere iranische Nachrichtenagenturen von der Entlassung von vier Ministern berichtet. Dieser Schritt war angesichts der bevorstehenden Vereidigung des wiedergewählten Präsidenten zunächst als Beginn der Kabinettsumbildung gedeutet worden, hing offenbar aber vorrangig mit dem Rücktritt des Vize-Präsidenten Esfandiar Rahim Mashaie zusammen.

Das Präsidentenbüro bestätigte am Montag lediglich die Absetzung des Geheimdienstministers Gholam-Hossein Mohseni-Ejei. Dieser hatte wie Kulturminister Harandi die Ernennung des inzwischen zurückgetretenen Vize-Präsidenten Mashaie kritisiert. Harandi reichte in einem Brief an Ahmadinejad seinen Rücktritt ein. Der Präsident lehnte dies jedoch ab.

Das Gezerre innerhalb der Regierung sorgte im Parlament für Kritik. Der konservative Abgeordnete Heshmatollah Falahatpisheh warf Ahmadinejad vor, gegen die Interessen des Landes zu handeln. Der konservative Parlamentarier Moussa Ghorbani rief die Abgeordneten auf, die zukünftigen Kandidaten für Ministerposten "genauestens" zu überprüfen. Ahmadinejad soll am 5. August vereidigt werden. Anschließend muss sich sein neues Kabinett einer Vertrauensabstimmung im Parlament stellen.

Das Parlament setzte eine Sonderkommission ein, die nach den Protesten gegen die Wiederwahl Ahmadinejads die Lage der Festgenommenen untersuchen soll. Ein erstes Treffen des Gremiums habe bereits am Sonntag stattgefunden, sagte der Abgeordnete Hossein Sobhani-Nia der Nachrichtenagentur ILNA. Innerhalb einer Woche soll über das Schicksal der noch inhaftierten Demonstranten entschieden werden, sagte ein Sprecher von Ayatollah Mahmoud Hashemi Shahroudi, der das Rechtssystem im Iran anführt. Seinen Angaben zufolge sind noch rund 300 Demonstranten in Haft.

Neuerliche Demonstrationen

Nach Berichten der iranischen Exil-Opposition kam es am Sonntag zu einer neuerlichen Protestkundgebung. Gegenüber dem Melat-Park auf der Ali Asr-Straße in Teheran habe sich eine große Menschenmenge versammelt und "Tod dem Diktator" und "Allahu Akbar" gerufen, heißt es in einer Aussendung des Pressebüros des "Nationalen Widerstandsrates Iran" (NWRI).

An der Wissenschaftlich-Technischen Universität in Teheran fand den Angaben zufolge eine Gedenkzeremonie für Kianoosh Asa statt, einen bei den Unruhen nach der Präsidentenwahl getöteten Studenten. Das Geheimdienstministerium und Agenten hätten die Studenten und deren Familien gewarnt, die Veranstaltung abzuhalten.

(Ag.)

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