Und jetzt bitte einen Manager und keinen Funktionär!

So die SPÖ einigermaßen bei Sinnen ist, versteht sie die Signale ihrer Wahl-Niederlagen: Die Partei und das System brauchen jemanden von außen.

In keiner anderen Zeitung stand in Leitartikeln so regelmäßig eine Forderung: die nach dem Rücktritt Werner Faymanns.  Der Abgang des Bundeskanzlers ist – auch ohne noch zu wissen, was danach kommt – also in jedem Fall eine Erleichterung. Es waren fast acht zäh-zögerliche Jahre für diese Republik. Jeder spürt, dass es längst Zeit für einen Neuanfang ist.

Es ist weder leicht, die Macht abzugeben, noch, sich die Niederlage einzugestehen. Das erfordert eine gewisse Größe. Ich verzichte auf die besondere Wiener Variante der Häme und lobe Werner Faymann, indem ich seine starken Seiten (wie Empathie oder Gelassenheit) hervorhebe. Auch das Best-of-Faymann-Böse (Angst, Politik des Nichtentscheidens, Cliquenpolitik, unerträgliche Nähe zu Boulevard-Schreibern) walzen wir nicht aus. Wenn auch zu Letzterem die Inszenierung seines Abgangs passte: Sein Umfeld bastelte tagelang an der Legendenbildung – die Mehrheit stehe wieder hinter Faymann, nun könne er erhobenen Hauptes als Held gehen. Klar. (Teil eins wurde gut gespielt, von den Medien breit übernommen – leider auch zum Teil von uns.)

Wir wünschen Werner Faymann alles Gute – vor allem bei der Suche nach einer neuen Tätigkeit. Es wäre einer gut entwickelten Demokratie würdig, könnte die Republik ehemalige Spitzenrepräsentanten nicht versorgen, aber für das Land richtig einsetzen. Für Faymann sollte sich eine Aufgabe auf EU-Ebene finden lassen. Wolfgang Fellner findet sicher etwas. Aber das ist sein Problem beziehungsweise das der SPÖ. Viel wichtiger ist, wer und was nun kommt. In der Gewerkschaft fürchten viele, die gemütliche strategische Geiselhaft, in die sich Faymann, um zu überleben, begeben habe, sei zu Ende. Ein Manager wie Gerhard Zeiler oder Christian Kern könnte fast so etwas wie Wirtschaftsverständnis ins Amt mitbringen. Schon warnen die einen intern vor einem Wirtschaftsliberalen (Zeiler), der es politisch übrigens nicht wirklich ist, die anderen sagen ein Viktor-Klima-Schicksal für Kern voraus. Dass der ÖBB-Chef mehr Rückhalt in der Partei als der Yuppie-Politiker Klima hat, zeigt ein einfacher Umstand: Kern hat in den vergangenen Tagen die Mehrheit der Landesparteichefs und das eine oder andere SPÖ-Urgestein hinter sich gebracht – oder bringen lassen.

Ja, beide Herren wären eine viel bessere Wahl für Österreich als ihr Vorgänger. Sie haben einen unschätzbaren Vorteil. Sie kommen von außen, kennen eine mehr oder weniger ausgeprägte Unternehmenskultur und haben bisher ihre Problemlösungen nicht davon abhängig gemacht, ob auch wirklich alle in Gewerkschaft, Wiener SPÖ und niederösterreichischer ÖVP zufrieden sind. Beide Manager wissen, dass dieses Land eine – teils schmerzhafte – Phase der Veränderung vor sich hat, um wieder nach vorn zu kommen. Für Zeiler spricht, dass er eine homogene Truppe hinter sich hat, gegen ihn, dass er der Boulevard-Politik erliegen könnte und nicht mehr so jung wie Favorit Christian Kern ist. Für diesen sprechen seine Überzeugungskraft und sein Biss, gegen ihn jenes Selbstbewusstsein, das mitunter vergessen lässt, dass die ÖBB nicht erfolgreich an der Frankfurter Börse notiert. Gute Berater haben beide in ihrem Umfeld, die wissen, wie man mit potenziellen Schwächen umgeht.

So der neue SPÖ-Chef nicht in Neuwahlen gehen will – und davon ist auszugehen –, wird er sein Kabinett umbauen und Signale in Richtung Veränderung setzen. Dann muss er sofort mit dem ÖVP-Ansprechpartner das Regierungsprogramm überarbeiten und fünf, sechs konkrete Projekte aufsetzen, die die Minister abzuarbeiten haben. Als da wären: eine Bildungsreform, die nicht nur das Papier ziert, sondern die Gewerkschaft auf die Straße bringt – ähnlich wie dies die notwendige Flexibilisierung der Arbeitszeit provozieren könnte. Der Neue sollte das inflationär verwendete Wort Reform nicht in den Mund nehmen, sondern einfach Nägel mit Köpfen machen: bei einer Entbürokratisierung, die alle Sozialpartner trifft, bei einer Anpassung des Finanzausgleichs an die finanzielle Realität. Und in einer Flüchtlingspolitik, wie sie Deutschland in Wahrheit betreibt: Grenzen konsequent sichern, Asyl rigide vergeben, sich im Ton aber sehr deutlich von der FPÖ unterscheiden.

E-Mails an: rainer.nowak@diepresse.com

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