Bayern: Messerstecher mit Psycho-Problemen

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Ein 27-Jähriger stach Dienstag früh in Grafing bei München auf vier Männer ein, einer starb. Ein Verdacht auf islamistischen Terror bestätigte sich allerdings nicht.

München/Berlin. Der Verdacht auf einen Terroranschlag war schnell da. „Allahu akbar“ soll ein 27-Jähriger gerufen haben, als er Dienstagfrüh auf dem Bahnhof im bayerischen Grafing nahe München auf vier Männer einstach, einer starb kurz darauf, einer wurde schwer verletzt. „Ihr Ungläubigen, Ihr müsst sterben“, wollen Zeugen gehört haben. Doch später stellte sich heraus, dass es wohl kein islamistischer Anschlag war. Warum es zur Tat kam, war aber auch nicht klar.

Es war 4.52 Uhr morgens, als der erste Notruf bei der Polizei einging. Zwölf Minuten später war die erste Streife auf dem Bahnhof. Und fand den 27-Jährigen, im Gürtel steckte ein Messer mit zehn Zentimeter langer Klinge. Er ließ sich widerstandslos festnehmen. Der Mann hatte offenbar wahllos auf Menschen eingestochen, erst auf dem Bahnhof, dann war er auf zwei Männer auf Rädern losgegangen.

Während die Rettung die Verletzten ins Krankenhaus brachte, fand die Spurensicherung Gegenstände auf dem Bahnhofsgelände – den Personalausweis des mutmaßlichen Täters, seinen Rucksack. Und Schuhe – der Mann war barfuß unterwegs gewesen. Was er in Grafing vorhatte? Bei der Vernehmung konnte die Polizei das nicht vollständig klären. Der 27-Jährige machte wirre Angaben.

Tatort zufällig ausgewählt

Schließlich konnte man rekonstruieren, dass der Mann aus Gießen in Hessen stammt. Und dass er am Montagabend über Fulda nach München gekommen war – von dort dürfte er sich nach Grafing aufgemacht haben. Bei einer Pressekonferenz am Dienstagnachmittag gab man auch bekannt, dass sich um einen 27-jährigen ledigen Deutschen ohne Migrationshintergrund handelt, der seit zwei Jahren Sozialhilfe bezieht. Und der Tatort und Opfer offenbar zufällig ausgewählt hat. „Bisher gibt es keinerlei Hinweise auf Mittäter, auch keinen Hinweis, dass er Teil eines islamistischen Netzwerks wäre“, sagte eine Sprecherin des Landeskriminalamts.

Schließlich stellte sich aber heraus, dass der Mann zwei Tage zuvor bereits in Gießen auffällig war. Weil er „wirres Zeug“ geredet haben soll, so hieß es, wurde die Polizei auf ihn aufmerksam – sie stellte aber keine konkreten Anhaltspunkte für Fremd- oder Eigengefährdung fest. Und so schickte man ihn nur zur ärztlichen Behandlung.

Am Ende bleibt die Frage, warum er bei der Tat Parolen mit Bezug zum Islam rief. Die Polizei prüft nun, ob es nicht vielleicht doch einen terroristischen Hintergrund gibt. Oder ob es sich einfach um die Tat eines psychisch kranken Mannes handelt. (eko)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.05.2016)

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