Infrastrukturministerium: Jörg Leichtfried, ein Mann der feinen Klinge

Jörg Leichtfried.
Jörg Leichtfried.(c) GEPA pictures
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Der steirische Politiker sammelte Erfahrungen zuerst als Lokalpolitiker, dann als EU-Abgeordneter, später als Landesrat in Graz, bevor er nun in die Bundesregierung wechselt.

Wien. Er ist nie abgehoben. Jörg Leichtfried, der als neuer Infrastrukturminister Gerald Klug nachfolgen soll, ist Allround-Politiker. Er kennt die Basis von seiner Tätigkeit in der Stadtgemeinde Bruck an der Mur, lernte den Umgang mit europäischen Partnern im EU-Parlament in Brüssel kennen. Dann zog es ihn wieder zurück in die Steiermark, wo er zuletzt als Landesrat für Verkehr, Umwelt, Energieeffizienz und Sport arbeitete.

Waren ihm einst manche seiner europäischen Kollegen zu hochgeistig und theoretisch, behielt er sich vor allem ein Gespür für Stimmungen in der Bevölkerung. Kein Wunder, dass er zu den Ersten zählte, die vom klaren Befürworter eines Freihandelsabkommens mit den USA zum entschiedenen TTIP-Gegner mutierte. Manche werfen ihm deshalb auch einen Hang zu Populismus vor. Er bediente bei diesem Schwenk nämlich regelmäßig Boulevardmedien und trug zu einer Dynamik der Ablehnung in Österreich bei.

Leichtfried, der zwischen 2004 und 2015 Abgeordneter im Europaparlament war, suchte sich stets schwierige kontroverse Themen aus. Nach seinem Studium der Rechtswissenschaften arbeitete er im Bürgerservice seiner Heimatstadt Bruck an der Mur und lernte dort die Alltagsprobleme der Menschen im Umgang mit Behörden kennen.

Im Europaparlament nahm er sich der Verkehrsagenden an und war Mitglied im Ausschuss für internationalen Handel. Er focht Konflikte mit der EU-Kommission über die Einführung von Gigalinern (Lastwagen mit einer Gesamtlänge von 25 Metern) aus und gewann: Die umstrittenen Groß-Lkw dürfen nach wie vor nicht quer durch Europa fahren.

Als der erfahrenste SPÖ-Europapolitiker, Hannes Swoboda, 2014 nicht mehr als Spitzenkandidat bei der Europawahl antrat, schien alles auf Jörg Leichtfried zugeschnitten zu sein. Doch er musste dem Quereinsteiger aus dem ORF, Eugen Freund, Platz machen. Als Dank für seine parteiinterne Loyalität, durfte er später gemeinsam mit Evelyn Regner die Delegationsleitung der SPÖ-Europaabgeordneten übernehmen.

Der 48-Jährige mag äußerlich ruhig wirken. Die feine Klinge innerparteilicher Grabenkämpfe kennt er gut. Er wusste bisher immer, sich dort zurückzunehmen, wo es nicht förderlich ist, aber dort stark aufzutreten, wo es etwas zu bewegen gab. Leichtfried kehrte sichtlich gern im vergangenen Jahr in die steirische Landespolitik zurück. Und das nicht nur, weil sein Lieblingsgetränk „Gösser-Spezial“ ist, sondern weil ihn das wieder näher an die Menschen und seine Familie brachte.

Für das Amt des Verkehrsministers bringt der Steirer immerhin breite Erfahrung mit. Sowohl auf europäischer Ebene als auch auf Landesebene hat er sich mit Infrastrukturfragen beschäftigt. Er kennt die Herausforderungen der Liberalisierung des öffentlichen Verkehrs ebenso wie die Maut-Pläne Deutschlands und ihre Auswirkungen auf Österreich.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.05.2016)

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