Van der Bellens Appell an alle, die ihn nicht mögen

Bundespräsidentschaftskandidat Alexander Van der Bellen.
Bundespräsidentschaftskandidat Alexander Van der Bellen.(c) APA/GEORG HOCHMUTH (GEORG HOCHMUTH)
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Ex-Grünen-Chef und Bundespräsidentschaftskandidat Alexander Van der Bellen warnt vor einer "blauen Republik", falls Gegner Hofer gewinnt.

Wien. „Jeder, der mich nicht leiden kann, aber Hofer vielleicht noch weniger leiden kann, den bitte ich, zur Wahl zu gehen und am 22. Mai ein Auge zuzudrücken.“ Es stehe nämlich „Spitz auf Knopf“, ob er oder Hofer die Wahl gewinne. Diesen Appell startete Bundespräsidentschaftskandidat Alexander Van der Bellen am Donnerstag im Rahmen einer Pressekonferenz.

Van der Bellen formulierte für seine Verhältnisse ungewohnt scharf. „Wir laufen Gefahr, dass Österreich nicht wiederzuerkennen ist“, beschrieb er die Folgen eines Wahlsiegs von Norbert Hofer. Es wäre „ein Dammbruch“, wenn sein FPÖ-Kontrahent gewählt werden würde. Die Verfassung gebe dem Präsidenten weitgehende Rechte. Wer sie ausreize, könne eine Staatskrise hervorrufen, sagte Van der Bellen.

Etwas mehr als eine Woche ist es bis zur Stichwahl. Und es dürfte kein Zufall sein, dass der frühere Grünen-Chef und nun als Unabhängiger auftretende Kandidat zunehmend den Ton verschärft. Schon im TV-Duell mit Hofer am vergangenen Sonntag schlug der sonst vorsichtig formulierende Professor lautere Töne an.

Van der Bellen muss kämpfen. Rund 14 Prozentpunkte landete er im ersten Wahlgang hinter Hofer. Das aufzuholen kann nur gelingen, wenn Van der Bellen die Stimmen jener erhält, deren Lieblingskandidat nicht mehr am Start ist. Doch das ist unsicher. Und die Wahlbeteiligung in zweiten Wahlgängen ist bei Bundespräsidentschaftswahlen traditionell niedriger als im ersten Durchlauf. Nicht zufällig appelliert Van der Bellen daher, zur Wahl zu gehen: „Nutzen Sie Ihre Stimme, denn wer weiß wählt, wählt Norbert Hofer.“

Es sei nicht irgendeine Wahl, sondern die möglicherweise wichtigste der Zweiten Republik, meint Van der Bellen. „Ich möchte nicht, dass Österreich das erste westeuropäische Land ist, an dessen Spitze ein rechtspopulistischer, deutsch-nationaler Burschenschafter steht“, warnt er. Werde Hofer Bundespräsident, drohe eine „blaue Republik“, in der alle wichtigen Posten in einer Hand seien. Denn Hofer sei eine Marionette Straches, deren „Ziel es sei, Strache so rasch wie möglich zum Kanzler machen“.

Zum Einwand, dass schon öfter eine Partei Präsident und Kanzler gestellt habe, erwidert Van der Bellen, bei der FPÖ sei das aber etwas anderes. Man müsse nur an ihr „Zündeln in der Außenpolitik“ denken, etwa das Infragestellen der Grenze zwischen Nord- und Südtirol. Überhaupt sei Strache ein „Elefant im europäischen Porzellanladen“. In einer blauen Republik drohe eine Isolation Österreichs.

Nicht nur die „Hautevolee“

Als „skandalös“ bezeichnet Van der Bellen zudem Hofers Vorwurf, laut dem der Professor nur die Hautevolee, Hofer hingegen die Menschen hinter sich habe. Hautevolee, das sei ein Schimpfwort. Das hätten sich die Leute in seinem Unterstützungskomitee, die für Österreich viel geleistet haben, nicht verdient, erklärte er.

Quasi als Beweis dafür, dass auch einfache Bürger Van der Bellen unterstützen, las Wahlkampfmanager Lothar Lockl die Berufe jener vor, die Van der Bellen unterstützen. Darunter befänden sich neben zahlreichen Prominenten etwa auch ein Müllaufleger, ein Tischler, eine Gärtnerin oder eine Krankenschwester.

Er selbst stehe für „ein Österreich, das die friedliche Zusammenarbeit im Land, aber vor allem auch in Europa, unterstützt und fördert“, meinte Van der Bellen. Nach einer blauen Machtübernahme hingegen dürfe man nicht sagen, „ach, hätten wir das doch von Anfang an gewusst“. „Man kann es wissen.“ Van der Bellen hofft auf 51 Prozent im zweiten Wahlgang, im ersten hatte er 21 erreicht, Hofer 35.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.05.2016)

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