Österreich verzichtet vorerst auf Kontrollen am Brenner

Brenner
BrennerAPA/EXPA/ JOHANN GRODER
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Wegen des italienischen Kontrolldrucks reduzierten sich die Flüchtlingszahlen massiv, sagt Innenminister Sobotka. Daher werde mit den Maßnahmen für das Grenzmanagement vorerst zugewartet.

Brenner/Berlin. Nach den Unstimmigkeiten zwischen Italien und Österreich wegen geplanter Kontrollen auf dem Brenner setzen nun beide Länder demonstrativ auf Entspannung: „Grenzkontrollen auf dem Brenner sind bis auf Weiteres obsolet“, hieß es am Freitag nach einem Treffen zwischen den Innenministern Österreichs und Italiens, Wolfgang Sobotka und Angelino Alfano, am Brenner. Die Minister streuten dem jeweils anderen Land Rosen: Dank italienischer Kontrollen sei „die Zahl illegaler Migranten in den vergangenen Wochen fast auf null gesunken“, so Sobotka.

Anfang Mai hatte die Tiroler Polizei noch von mehreren tausend illegalen Einwanderern gesprochen, die heuer in Tirol aufgegriffen worden seien. Sobotka erwähnte positiv trilaterale Zugkontrollen (durch deutsche, österreichische und italienische Beamte). Und lobte den „hervorragenden Datenaustausch“ zwischen Rom und Wien – zuletzt stark divergierende Zahlen zu illegalen Grenzübertritten blieben unerwähnt. Derzeit seien Kontrollen nicht nötig, so Sobotka. Auch Alfano sprach von guter Kooperation, Rom will weitere Beamte für die Kontrollen bereitstellen.

Kein Recht auf Asyl

In Berlin beschloss unterdessen der Bundestag, dass Algerien und Marokko „sichere Herkunftsländer“ seien. Die Opposition lehnte den Gesetzentwurf ab – weil es Hinweise auf Menschenrechtsverletzungen in den beiden Staaten gebe. So sei etwa Homosexualität dort strafbar. Die Regierungsparteien wollen mit der Einstufung Asylverfahren künftig kürzer halten – wer aus einem „sicheren Herkunftsstaat“ kommt, hat in der Regel kein Recht auf Asyl. Einige Nordafrikaner kämen nach Deutschland, „weil die Leistungen besser sind als die Lebensbedingungen im Herkunftsland“, sagte Innenminister Thomas de Maizière. Aktueller Anlass für die Neuregelung war aber auch die Silvesternacht in Köln: An den Übergriffen auf Frauen sollen vor allem Nordafrikaner beteiligt gewesen sein.

Aus den Maghrebstaaten waren 2015 fast 26.000 Menschen in Deutschland registriert worden. Insgesamt liegt die Anerkennungsquote von Asylwerbern aus Tunesien, Marokko und Algerien im ersten Quartal 2016 bei 0,7 Prozent. Allerdings gibt es bei der Abschiebung von Nordafrikanern, die keinen Aufenthaltsstatus zugesprochen bekommen, immer wieder Probleme. Auch weil viele ohne Papiere unterwegs sind. Damit das Gesetz in Kraft treten kann, muss es aber noch eine Hürde überwinden: den Bundesrat. Die Zustimmung der Länder, die schwarz oder von einer Großen Koalition regiert werden, gilt als sicher. Einige Länder deklarierten sich noch nicht, etwa das nunmehr grün-schwarze Baden-Württemberg. (APA/red./eko)

(APA)

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