Wien: Spitalsärzte bekämpfen Überstundenverbot

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SymbolbildClemens Fabry / Die Presse
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Ärzte in Wiener Gemeindespitälern sollen über Nacht und an Sonn- bzw. Feiertagen keine (sehr gut bezahlten) Überstunden mehr machen. Dieser Erlass wurde beeinsprucht und soll nun rechtlich überprüft werden.

Wien. Dass in Wiener Gemeindespitälern Überstunden von Ärzten vom Krankenanstaltenverbund (KAV) aus Kostengründen nicht gern gesehen werden und nach Möglichkeit sogar komplett vermieden werden sollen, hat „Die Presse“ zuletzt mehrfach berichtet. Dieser schwelende Streit zwischen dem KAV und der Ärzteschaft ist nun um eine Facette reicher.

Die Ärzte wurden per Erlass mit sofortiger Wirkung aufgefordert, geplante Überstunden, wenn überhaupt, nur unter der Woche und tagsüber zu machen. Denn diese werden im Verhältnis 1:1,5 ausbezahlt. Während Überstunden, die zwischen 22 Uhr und 6 Uhr bzw. an Sonn- und Feiertagen anfallen, im Verhältnis 1:2 abgegolten werden – also doppeltes Gehalt bedeuten. Was bisher auch der Grund dafür war, dass Ärzte ihre geplanten Überstunden – gemeint sind damit Überstunden, die bereits bei der Dienstplanerstellung zwei Monate im Voraus festgelegt werden, weil sonst durch den latenten Personalmangel die Dienste nicht besetzt werden können – fast ausschließlich in jener Zeit eingetragen haben, in der sie dafür doppeltes Gehalt bekamen. Zumeist handelt es sich dabei um rund acht Stunden pro Woche über der Normalarbeitszeit von 40 Stunden. Die durchschnittliche Wochenarbeitszeit von Ärzten ist seit dem Inkrafttreten des neuen Arbeitszeitgesetzes Anfang 2015 auf 48 Stunden begrenzt.

„Dieser Erlass spiegelt nicht die Realität im Spitalsalltag wider“, sagt Wolfgang Weismüller, Personalvertreter der Ärzte im KAV und Vorsitzender des Personalgruppenausschusses Ärzte. Er hat die Dienstanweisung beeinsprucht und wird sie rechtlich prüfen lassen. Die Zustimmung der Vorsitzenden der Hauptgruppe II der für die KAV-Ärzte zuständigen Younion – Die Daseinsgewerkschaft, früher Gewerkschaft der Gemeindebediensteten (GdG), Susanne Jonak, zu diesem Erlass sei „gegen seinen ausdrücklichen Wunsch sowie ohne sein Wissen“ erfolgt. Jonak war am Freitag für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

Personalvertreter Wolfgang Weismüller.
Personalvertreter Wolfgang Weismüller. Stefan Seelig

„Anordnung inakzeptabel“

„Die Anordnung, Diensteinteilungen so vorzunehmen, dass geplante Überstunden nicht mehr auf Nacht- bzw. Sonn- und Feiertagsdienste fallen, ist jedenfalls inakzeptabel“, sagt Weismüller. „Rund 25 Prozent unserer Arbeit fallen in diese Zeit, und solange geplante Überstunden unumgänglich sind, müssen diese auch im Verhältnis 1:2 bezahlt werden.“

Dieser Erlass widerspreche auch den vom KAV nach Abschluss der Gehaltsverhandlungen in einer Broschüre publizierten Rechenbeispielen, in denen neben anderen Überstunden auch immer ein 25-Stunden-Dienst auf Überstundenbasis – also acht Überstunden im Verhältnis 1:2 – einkalkuliert worden seien. Nicht zuletzt sei in der Vereinbarung zum Paket „Dienstzeitmodell und Besoldung der Ärzte im KAV“ vom 2. Juli 2015 zwischen Ärztekammer, Gewerkschaft und Stadt Wien festgehalten worden, dass sämtliche Umsetzungsmaßnahmen auf den Abteilungen „jedenfalls unter Einbindung der betroffenen Ärzte durch anonyme Befragungen auf den Abteilungen zu den Arbeitszeitmodellen durchzuführen sind“. Was in diesem Fall nicht geschehen sei.

„Rechtlich gedecktes Vorgehen“

Für ein „rechtlich gedecktes Vorgehen, das für alle Berufsgruppen gleichermaßen gilt“, hält hingegen der KAV den Erlass, 200-prozentige Überstunden nicht von vornherein in den Dienstplänen festzuschreiben, wie ein Sprecher auf Anfrage mitteilte. Sollten 200-prozentige Überstunden aufgrund der aktuellen Arbeitssituation im laufenden Monat notwendig werden und unvermeidbar sein, könnten diese „weiterhin konsumiert werden“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14. Mai 2016)

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