Van der Bellen warnt erneut vor der "blauen Republik"

INTERVIEW MIT PRAeSIDENTSCHAFTSKANDIDAT ALEXANDER VAN DER BELLEN
INTERVIEW MIT PRAeSIDENTSCHAFTSKANDIDAT ALEXANDER VAN DER BELLENAPA/GEORG HOCHMUTH
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Wenn zentrale Positionen in FPÖ-Hand gerieten, drohe die Abschottung des Landes, so der grüne Kandidat.

Der von der Grünen unterstützte Präsidentschaftskandidat Alexander Van der Bellen warnt erneut vor der "blauen Republik". Sein Stichwahl-Gegner Norbert Hofer sei Exponent der FPÖ und verlängerter Arm von Parteichef Heinz-Christian Strache, sagte er im APA-Interview. Wenn zentrale Positionen in FPÖ-Hand gerieten, drohe die Abschottung des Landes. Wer weiß wähle, unterstütze einen Sieg Hofers.

Dass er angesichts der weitverbreiteten Ängste vor Flüchtlingen, Zuwanderung, Gewalt und sozialem Abstieg mit seinem bisherigen "Schönwetterwahlkampf" falsch gelegen sein könnte, wies Van der Bellen zurück. Es brauche "einen Pol der Ruhe, Besonnenheit und Gelassenheit", statt noch mehr Öl ins Feuer zu gießen. Man müsse dazu zurückfinden, "dass wir das Gemeinsame vor das Trennende stellen, all das, was Österreich in den letzten Jahrzehnten vorangebracht hat".

Berechtigte Ängste löse jedenfalls das Drängen der FPÖ an die Macht aus, so der Kandidat für das Bundespräsidentenamt, der daran erinnerte, dass etwa der Wiener FP-Vizebürgermeister Johann Gudenus "Asylbetrügern" und "linken Schreiern" für diesen Fall "Knüppel aus dem Sack" versprochen hatte. "Ich glaube, in der Mitte der Gesellschaft herrscht sehr wohl die Sorge vor, dass wir eine blaue Republik bekommen könnten, wenn Hofer am Wahlsonntag gewinnt, und in Kürze dann der Bundespräsident, der Nationalratspräsident, der Bundeskanzler, der Innenminister in blauer Hand sein könnten."

Dass sich Hofer als Teil des Mainstreams darstellt und dabei seinen Stichwahl-Gegner ins Extremismus-Eck zu drängen versucht, kostet Van der Bellen nur einen Lacher. "Das nimmt doch kein Mensch ernst." Mit ihrer Sprache sei es die FPÖ, die unnötig Gräben aufreiße und Österreich in die Isolation treibe, verwies er auf jüngste Strache-Aussagen zu Südtirol. Nicht zuletzt habe sie auch ein Milliardendesaster in Kärnten herbeigeführt, und gerade jetzt sei mehr wirtschaftliche Dynamik in Österreich notwendig.

"Eine Art Orbanismus"

"Die FPÖ versucht seit dreißig Jahren, Österreich abzuschotten, abzukapseln, eine Art Orbanismus zu treiben. Das wird Österreich wirtschaftspolitisch enorm schaden", meinte er. "Weil erstens wird das Ansehen Österreichs getrübt, wenn so jemand Bundespräsident werden sollte, und zweitens müssen wir uns ja bewusst sein, dass jeder zweite Arbeitsplatz in Österreich direkt oder indirekt vom Außenhandel, von der Außenwirtschaft abhängt."

Seine Chancen für die Stichwahl am 22. Mai schätzt Van der Bellen trotz des Rückstands im ersten Wahlgang auf 50:50. Er spüre Unterstützung aus vielen Bevölkerungs- und Berufsschichten, aber auch aus fast allen politischen Lagern.

Zögernde bisherige ÖVP-Unterstützer erinnerte er an Ex-Landwirtschaftskommissar Franz Fischler, EU-Mandatar Othmar Karas und den früheren Parteichef Josef Pröll, die er bereits für sich gewinnen habe können. "Nicht notwendigerweise, weil sie plötzlich mit allem einverstanden sind, was ich jemals gesagt habe, sicher nicht. Aber wenn die Alternative Hofer heißt, dann werden all diese Unterschiedlichkeiten von früher hintangestellt."

Außerdem, so Van der Bellen: "Wer jetzt weiß wählt, also nicht hingeht oder ungültig wählt, unterstützt einen Wahlsieg von Hofer." Schließlich habe der FPÖ-Kandidat einen Riesenvorsprung, und eine Stimmenthaltung stärke ihn. "Es soll sich dann niemand aufregen, wenn er mit Hofer aufwacht, weil er jetzt weiß gewählt hat."

(APA)

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