Venezuela am Rand eines Bürgerkriegs

Präsident Nicolás Maduro.
Präsident Nicolás Maduro.(c) APA/AFP/JUAN BARRETO
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Die Staatskrise steuert immer bedrohlicher auf eine Konfrontation zu: Die Regierung und Opposition in Caracas machen mobil.

Wien/Caracas. Der Druck im Hauptstadt-Kessel von Caracas nähert sich dem Siedepunkt, die Staatskrise in Venezuela steuert immer bedrohlicher auf eine Konfrontation zu. „Venezuela ist eine Zeitbombe. Sie kann jederzeit explodieren“: So fasst Oppositionspolitiker Henrique Capriles die Stimmung im Land zusammen, das heuer noch tiefer in die Rezession abgesackt ist und dessen Inflation sich längst in schwindelerregende Höhen von 700 Prozent geschraubt hat.

Als Reaktion auf die Verhängung des Ausnahmezustands durch Präsident Nicolás Maduro und der Ankündigung von Militärmanövern mobilisiert die Opposition auf den Straßen von Caracas ihre Anhänger. Im Parlament, wo sie über eine Zweidrittelmehrheit verfügt, schließt sie die Reihen des Widerstands gegen Maduro, den Ex-Vizepräsidenten, der nach dem Tod von Hugo Chávez 2013 dessen Nachfolge angetreten hat – und der das Land aufgrund des rapiden Verfalls des Ölpreises an den Rand des Ruins manövriert hat.

Chávez-Vision am Ende

Leere Regale und Warteschlangen, die Rationierung von Lebensmitteln und der Notstand in Spitälern, Stromabschaltungen und die Einführung einer neuen Zeitzone als Energiesparmaßnahme sowie eine radikal verkürzte Arbeitswoche sind Indikatoren für eine Krise, angesichts derer die Opposition den Präsidenten schleunigst aus dem Amt jagen will. Für ein Referendum zur Absetzung Maduros hat sie 1,8 Millionen Stimmen gesammelt – viel mehr als nötig. Beinahe 70 Prozent der Venezolaner treten für eine Amtsenthebung ein – ähnlich wie jüngst bei Brasiliens Präsidentin, Dilma Rousseff.

Die Chávez-Vision eines „Sozialismus im 21. Jahrhundert“ hat bis zu ihrem De-facto-Bankrott kaum 16 Jahre gewährt, und ihr Ende markieren nun die Gründung von regierungsfreundlichen Bürgerwehren und die Enteignung von Fabriken. Um von den internen Problemen abzulenken, sucht Nicolás Maduro nun den Konflikt mit den äußeren Gegnern, mit dem Nachbarn Kolumbien und der Supermacht USA. (vier)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.05.2016)

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