Das Parlament hat ein Gesetz beschlossen, das die Netzneutralität sichert und "Zero Ratings" verbietet. Die Organisation Netzfreiheit.org wertet das Gesetz als positives Signal an die EU.
Alle Daten sind gleich. Das war lange Zeit ein Grundsatz im Internet. Die Übertragungsgeschwindigkeit war immer gleich, egal ob E-Mail, Film oder Streaming-Dienst. Mit der Abschaffung der Roaming-Gebühren wurde aber auch ein Passus verabschiedet, der gewisse Dienste bevorzugen sollte. Solchen Spezialdiensten sollte eine gewisse Priorität eingeräumt werden können. Am Dienstag hat das niederländische Parlament nun aber ein Gesetz beschlossen, das den Schutz der Netzneutralität wieder in den Vordergrund stellt. Die Abgeordneten haben dem Plan der Regierung zugestimmt, Online-Preisdiskriminierung, das sogenannte Zero-Rating, zu verbieten.
Unter Zero-Rating versteht man die Ungleichbehandlung von Internetdiensten durch verschiedene Preise für ihre Nutzung, beziehungsweise gewisse Dienste nicht auf das Datenguthaben der Kunden anzurechnen. Die Abstimmung in den Niederlanden hat Signalwirkung in ganz Europa und könnte die laufenden Verhandlungen über die EU-Regeln zur Netzneutralität maßgeblich beeinflussen.
Niederlande als Vorbild
„Die heutige Entscheidung des niederländischen Parlaments stellt klar, wie die EU Verordnung zur Netzneutralität ausgelegt werden muss. Verbraucher werden davor geschützt, dass Telekom-Betreiber entscheiden, welche Dienste sie nutzen können“, sagt Thomas Lohninger von der Initiative für Netzfreiheit, einer Organisation für digitale Bürgerrechte. "Der niederländischen Regierung und dem Parlament muss applaudiert werden für ihre Entschlossenheit, die Freiheit ihrer Internetnutzer zu schützen und den einen Grundsatz abzusichern, der das Internet als offene Plattform erhalten kann“, ergänzt er.
Am 27. Oktober 2015 hat das europäische Parlament im Zuge der Abschaffung der Roaming-Gebühren die neue Digital-Single-Market-Regulierung beschlossen. Das neue europäische Gesetz schützt die Netzneutralität in weiten Teilen. So zeigten sich die Abgeordneten einig, dass sich niemand eine "Vorfahrt" an einem "Datenstau" vorbei erkaufen könne. Der Passus bleibt aber aufgrund der Erwähnung von "Spezialdiensten" unscharf. Gemeint sind damit Bereiche wie Telemedizin, Fernsehen im Internet, oder aber auch autonom fahrende Autos. Hier soll nicht mitten in der Nutzung die Verbindung abbrechen.
Kritiker äußerten bereits vor Abstimmung ihre Befürchtungen, dass die Netzneutralität durch vage Formulierungen praktisch abgeschafft wird. Mehr als 30 führende Start-ups, Internetunternehmen und Investoren aus Europa und den USA Änderungen der Pläne gefordert. Auch der Erfinder des World Wide Web, Tim Berners-Lee, wandte sich gegen die Regelung. Die Kritiker befürchten, dass die Entwicklung innovativer Dienste behindert wird, wenn Internetprovider bezahlpflichtige „Überholspuren“ für bestimmte Daten einrichten und andere Dienste ausbremsen dürfen.
Abschaffung der Netzneutralität möglich
Von den 28 EU Telekom-Regulierungsbehörden wird die derzeitige Gesetzeslage aufgearbeitet. Bis Ende August haben die Anbieter Zeit Leitlinien für die Auslegung des Gesetzes zu verabschieden. Dabei steht aber die Möglichkeit, dass die Netzneutralität zur Gänze abgeschafft werden könnte, ebenfalls im Raum. Auf der Webseite www.savetheinternet.eu gibt es die Möglichkeit sich einer Online-Petition für den Erhalt der Netzneutralität anzuschließen.
„Netzneutralität fördert Kreativität und Innovation. Zero-Rating macht es Startups wie uns möglich mit existierenden Monopolen zu konkurrieren“, hält Nalden (mit bürgerlichem Namen Ronald Hans), ein Mitbegründer des erfolgreichen niederländischen Startups WeTransfer, fest.
(Red.)