Hofers Israelbesuch: FPÖ kritisiert "perfide Manipulation" des ORF

Hofer und Strache
Hofer und Strache (c) Reuters
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Der ORF hat den Hofburg-Kandidaten mit Ungereimtheiten rund um dessen Reise konfrontiert. FPÖ-Chef Strache ist empört. Der Sender kontert mit einem "Fakten-Check", der Redakteursrat stellt sich hinter Ingrid Thurnher.

Wenige Tage vor der Bundespräsidentenwahl mehren sich Berichte über Ungereimtheiten in der Schilderung einer Israel-Reise des freiheitlichen Kandidaten Norbert Hofer. Erst gestern Abend kam es deswegen im ORF-Duell zu einem Schlagabtausch zwischen dem 45-Jährigen und Moderatorin Ingrid Thurnher.

Der Hintergrund: Hofer hatte zuletzt in mehreren Interviews berichtet, im Juli 2014 mit Wiener FPÖ-Politikern nach Israel gereist zu sein. Bei dieser Gelegenheit sei er "offiziell als Dritter Nationalratspräsident in der Knesset empfangen" worden. Außerdem wurde der gelernte Flugzeugtechniker nach eigenen Angaben Zeuge eines vereitelten Terroranschlags: "Als ich auf dem Tempelberg war, ist zehn Meter neben mir eine Frau erschossen worden, weil sie versucht hat, mit Handgranaten und Maschinenpistolen betende Menschen zu töten", sagte Hofer im März in der "Presse".

Das Problem dabei: Ein offizieller Empfang Hofers wird weder von der Knesset noch von der israelischen Botschaft in Wien bestätigt und würde auch der Politik Israels widersprechen, keine offiziellen Kontakte mit blauen Politikern zu pflegen. Wie nun der damals mitreisende Wiener Stadtrat David Lasar im "Standard" sagte, fand ein Essen mit der Vizepräsidentin der Knesset statt. An den angeblichen Terroranschlag hat Lasar eine andere Erinnerung als Hofer: Man habe mit dem Auto nahe der Klagemauer geparkt und "als wir hinausfahren wollten, durften wir nicht, weil gerade eine Terroristin erschossen wurde, die durch das Tor durchwollte".

Strache: "Perfide und widerliche Wahlmanipulation"

Donnerstagabend konfrontierte Thurnher Hofer in der Sendung "Wahlduell", an der er gemeinsam mit seinem Hofburg-Kontrahenten Alexander Van der Bellen teilnahm, mit einer Stellungnahme eines Sprechers der israelischen Polizei, wonach sich so ein Ereignis damals nicht ereignet habe. In der "ZiB2" im Anschluss wurde dann ergänzt, dass doch eine Frau angeschossen worden sei, sie aber keine Granaten oder Maschinenpistolen gehabt habe. Und: Der Vorfalls habe sich nicht am Tempelberg, sondern bei der Klagemauer ereignet. In der Zeitung "Haaretz" hieß es zu dem Vorfall, die Frau sei keine Terroristin, sondern eine unbewaffnete jüdische Israelin gewesen. Die Angehörige einer radikalen Sekte wurde angeschossen und leicht verletzt, weil sie bei einer Polizeikontrolle nicht anhalten wollte.

Am Freitag schaltete sich nun der freiheitliche Bundesparteichef Heinz Christian Strache in die Causa ein. Er bezeichnete den ORF in einer Aussendung als "rot-grünen Propagandasender" und forderte eine öffentliche Richtigstellung noch vor der Präsidentenwahl: "Diese perfide und widerliche Wahlmanipulation des ORF muss Konsequenzen haben." Allerdings, wie FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl, am Freitagnachmittag einräumte, distanziere sich die Partei "selbstverständlich von allen 'widerlichen Postings' gegen Ingrid Thurnher".

Das Magazin "profil" veröffentlichte unterdessen auf seiner Website ein abfotografiertes Handyfoto, das die Geschehnissen in Israel zeigen soll.

"Ein ORF-Skandal ist das nicht"

ZiB2-Moderator Armin Wolf wies den Vorwurf umgehend via Facebook zurück: Hofer sei zwar Zeuge eines Polizeieinsatzes geworden, bei dem auf eine verdächtige Frau geschossen wurde. Allerdings sei aus der unbewaffneten, leicht verletzten Frau in Hofers Interviews eine zehn Meter neben ihm erschossene Terroristin geworden, die "mit Handgranaten und Maschinenpistolen" auf betende Menschen losgehen wollte: "Ein ORF-Skandal ist das nicht."

Fernsehdirektorin Kathrin Zechner reagierte mit einer schriftlichen Stellungnahme und kündigte einen "Fakten-Check" an. "Die Ergebnisse dieser Analyse werden in der Folge transparent offengelegt, auch wenn sich dabei herausstellen sollte, dass der Berichterstattung unvollständige Angaben des Sprechers der israelischen Polizei zugrunde gelegen sind", so Zechner. In der ORF-TVthek hat der Sender die Passage über den von Hofer behaupteten vereitelten Anschlag mittlerweile durch den Hinweis ergänzt, dass am fraglichen Tag eine Frau angeschossen, aber niemand getötet wurde.

Der ORF-Redakteursrat stellte sich am Freitag "voll hinter Ingrid Thurnher", wurde in einer Aussendung betont. Es sei die Aufgabe von Journalismus, Aussagen von Politikern zu hinterfragen, eben das habe die Moderatorin getan. Hofer habe in der Sendung die Möglichkeit gehabt, auf ihre Fragen zu reagieren. "Dass die FPÖ jetzt aber eine der angesehensten ORF-Moderatorinnen desavouiert, zeigt ein völlig falsches Verständnis über die Funktion von Journalismus", wird kritisiert.

(Red./APA)

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