Van der Bellen: Kann der grüne Professor ein zweites Mal siegen?

Einen hauchdünnen Sieg feierte der frühere Grünen-Chef Alexander Van der Bellen bei der Stichwahl am 22. Mai. Aus der Angelobung zum neuen Bundespräsidenten wurde trotzdem nichts - der VfGH ordnete bekanntlich die Wiederholung der Wahl an. Am 2. Oktober wird sich zeigen, ob sich der bedächtige Professor auch ein zweites Mal gegen seinen FPÖ-Konkurrenten Norbert Hofer durchsetzen kann.

Ein großer Wahlkämpfer war Van der Bellen nie, das Bad in der Menge ist nicht das seine. Der Wirtschaftsprofessor gilt als untypischer Politiker und ist bekannt für seine - je nach Lesart - "bedächtige" oder "einschläfernde" Art.

Van der Bellen ist ein politischer Spätzünder. Als Professor für Volkswirtschaftslehre lernte ihn das grüne Urgestein Peter Pilz kennen und lockte das frühere SPÖ-Mitglied in seine Partei. Als Kandidat für den Rechnungshof-Präsidenten noch gescheitert, zog er wenig später 1994 als Abgeordneter in den Nationalrat ein.

Es dauerte nicht lange, bis der fachkundige Professor mit guter Rhetorik, stets versehen mit einem Schuss Humor, zum Star der Grünen aufstieg und das, obwohl seine Positionen der Basis bis heute viel zu wirtschaftsliberal sind. Das hinderte die Partei freilich nicht daran, ihn 1997 zum Bundessprecher und 1999 zum Klubobmann zu machen.

Über ein Jahrzehnt prägte Van der Bellen die Politik der Grünen. Wahlerfolge folgten, manche größer, manche kleiner. Eine Niederlage gab es für Van der Bellen nur am Verhandlungstisch, als sich der von ihm durchaus geschätzte "Wendekanzler" Wolfgang Schüssel (ÖVP) für eine Neuauflage von Schwarz-Blau entschied, statt die Grünen in die Regierung zu holen.

Danach wirkte Van der Bellen deutlich weniger motiviert. Als die Wahl 2008 nicht so gut lief wie erhofft, übergab er die Staffel an seine langjährige Kronprinzessin Eva Glawischnig. Er selbst blieb zunächst im Nationalrat, wurde von den Wienern mit Vorzugsstimmen in den Landtag gewählt und holte sich eine Image-Delle, als er das direkt vergebene Mandat erst nach über einem Jahr Schreckstarre annahm. Keinen allzu schlanken Fuß machte zudem, dass er sich dann auch noch den "Weißen-Elefanten-Posten" des Wiener Universitätsbeauftragten umschnallen ließ.

In der Präsidentschaftskampagne gab es einen geänderten Van der Bellen zu sehen. Nie zuvor wirkte er so gecoacht, nie so populistisch. Am Deutlichsten wurde dies mit seinem Schwenk in Sachen Freihandelsabkommen TTIP, wo er dem Wahlkampf geschuldet, vom sanften Befürworter zum vehementen Gegner wurde. Dass er den Begriff Heimat für die Grünen besetzen wollte, schreckte auch den ein oder anderen Linken der eigenen Partei ab, erwies sich insgesamt aber offenbar als mehrheitsfähig.

Weitgehend als lächerlich empfunden wurden die Versuche, den langjährigen Grünen-Chef als unabhängigen Kandidaten zu positionieren. Auch sein Verständnis für den russischen Einmarsch auf der Krim oder die Überlegung, die FPÖ auch dann nicht mit der Regierungsbildung zu beauftragen, wenn sie über die absolute Mehrheit verfügt, gehörten nicht unbedingt zu den Highlights der Van der Bellen-Kampagne. Für Freunde der Etikette ein No-Go war schließlich sein "Scheibenwischer" im hitzigen ATV-Duell mit Kontrahent Norbert Hofer.

Zur Person: Alexander Van der Bellen, geboren am 18. Jänner 1944 in Wien als Sohn einer estnischen Mutter und eines russischen Vaters, aufgewachsen im Tiroler Kaunertal. Studierte Volkswirtschaft und unterrichtete als Uni-Professor sowohl in der Tiroler Hauptstadt als auch in Wien. Aus seiner ersten, im vergangenen Herbst geschiedenen Ehe hat er zwei Söhne. Seit Kurzem ist er mit Doris Schmidauer, Geschäftsführerin im Grünen Parlamentsklub, verheiratet.