Bludenz: Schock nach blutigem Amoklauf

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Ein 27-jähriger Vorarlberger feuerte nach einem Beziehungsstreit auf Besucher eines Open-Air-Konzerts: zwei Tote, elf zum Teil Schwerstverletzte. Der Schütze beging Suizid.

Bludenz. Schock und Betroffenheit in der 6200-Einwohner-Marktgemeinde Nenzing zwischen Feldkirch und Bludenz (Vorarlberg, siehe Grafik):Am Sonntag gegen drei Uhr früh feuert ein 27-jähriger Vorarlberger wahllos auf – vielfach junge und jugendliche – Besucher eines vom Motorradklub The Lords veranstalteten Konzerts. Am Ende erschießt sich der Mann selbst. Die traurige Bilanz: Zwei Konzertbesucher wurden getötet, elf weitere wurden teilweise schwerst verletzt. Eine dieser elf verletzten Personen schwebte Sonntagmittag noch in Lebensgefahr.

Die Sprecherin der Landespolizeidirektion Vorarlberg, Susanne Dilp, erklärte der „Presse“ am Sonntagnachmittag, dass die Auswertung der Tatortspuren auf Hochtouren laufe. Auch die Einvernahmen von etlichen Zeugen dauerten an.

Zur Person des Amokläufers selbst wollte sie vorerst wenig sagen, über den Mann und dessen Umfeld würden immer mehr Informationen gesammelt werden, diese sollen heute, Montag, um 14 Uhr in der Landespolizeidirektion in Bregenz im Rahmen einer Pressekonferenz dargelegt werden. Zuletzt gab es noch keine gesicherten Angaben darüber, ob der Verdächtige die Waffe stets oder meist in seinem Auto mitführte oder ob er bereits eine endgültige Aussprache mit möglichen tödlichen Konsequenzen vor Augen gehabt hatte.

30 bis 40 Schüsse abgefeuert

Angefangen hat das Ganze jedenfalls mit einem Beziehungsstreit. Dieser entbrannte auf einem Gelände, das bei dem jährlich stattfindenden Konzert als Parkplatz genutzt wird. Der 27-Jährige lief im Zuge dieser Auseinandersetzung zu seinem Auto, stieg ein und feuerte mit einem Gewehr aus dem Fahrzeug. Er schoss wahllos in die Gruppe der Konzertbesucher und in Richtung jener Menschengruppen, die sich bei einer Ausschank befunden hatten.

Nach Angaben eines Augen- bzw. Ohrenzeugen hat der Täter zwischen 30 und 40 Schüsse abgegeben. Etwa 150 Personen befanden sich im Schussfeld. Letztendlich setzte der Täter seinem Leben mit der Schusswaffe ein Ende. Seine Freundin blieb unverletzt.

Die Toten: zwei Konzertbesucher, Männer im Alter von 48 und 33 Jahren, beide aus der Region stammend. Bei den Verletzten handelt es sich um Personen im Alter zwischen 25 und 53 Jahren. Insgesamt stammen die Opfer zum Großteil aus Vorarlberg. Aber auch eine 49-jährige Frau aus der Schweiz und ein 44-jähriger Mann aus Liechtenstein wurden von Projektilen getroffen. Zwei der elf Verletzten Menschen konnten das Krankenhaus wieder verlassen.

Nach den Schüssen des 27-Jährigen brach unter den Konzertbesuchern eine Massenpanik aus. Viele der Festgäste flohen nach Angaben von FPÖ-Bürgermeister Florian Kasseroler in angrenzende Wiesen und Wälder und sogar auf die Autobahn. Der Bürgermeister sprach von einem friedlichen Fest, das von vielen Jugendlichen besucht wird. Und er sagte zur Austria Presse Agentur (APA): „Es war offenbar eine Beziehungstat. Aber da muss viel zusammenkommen, dass eine solche Reaktion erfolgt.“

Lob fand der Bürgermeister für die Einsatzkräfte, die sehr professionell gearbeitet hätten. Das galt gleichermaßen für Polizei, Rettung, Ärzte und Kriseninterventionsteams.

Ein Besucher, der Sonnntagmittag darauf wartete, sein Auto abholen zu können, sagte der APA, es sei wie auch in den vergangenen Jahren ein friedliches Konzert gewesen. Zu seinem Glück sei er schon gegen halb zwei Uhr heimgegangen und habe von der Schießerei nichts mitbekommen. Ein anderer Mann aus Nenzing meinte sarkastisch: „Jetzt sind wir mit einem Schlag berühmt, aber auf diese Weise wollten wir das nicht.“

Die Tat dürfte die Diskussion um privaten Waffenbesitz erneut anfachen. Unklar blieb zuletzt, ob der Schütze waffenrechtliche Papiere besessen hat.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.05.2016)

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