Wenn der Revisor die Burg besucht

Matthias Hartmann und Silvia Stantejsky.
Matthias Hartmann und Silvia Stantejsky.(c) APA/HERBERT NEUBAUER
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Der Rechnungshof-Endbericht beleuchtet das finanzielle Chaos unter Hartmann und Stantejsky. Vieles hat sich seither gebessert, manches ist noch offen.

Nun ist er also da, der Endbericht des Rechnungshofs zur Causa Burgtheater. Das 268 Seiten dicke Dokument beleuchtet die Vorgänge in der Burgtheater-Geschäftsführung in den Jahren 2008 bis 2013, als Matthias Hartmann und Silvia Stantejsky die Burg künstlerisch bzw. kaufmännisch leiteten. Das Zeugnis, das der Rechnungshof den beiden ausstellt, ist desaströs: So sank das Eigenkapital von der Saison 2007/08 bis 2012/13 um rund 25 Millionen Euro (von 15,7 Millionen Euro auf minus 10,3) – das Fremdkapital stieg zugleich von 11,8 auf 30,6 Millionen. In Hartmanns erster Saison als Burgchef wurde das genehmigte Budget um 92 Prozent überschritten. Die Jahresabschlüsse des Burgtheaters enthielten „wesentliche Fehldarstellungen“. Dazu kommen – um nur einige Punkte zu nennen – Barauszahlungen in Millionenhöhe, verschwundene Gelder, Auszahlungen ohne Belege, ein korruptionsanfälliges Kassensystem. „Die Presse“, der der Rohbericht des Rechnungshofes vorlag, hat im März bereits ausführlich darüber berichtet.

Der Endbericht, der gestern dem Nationalrat übermittelt wurde, enthält neben den Ausführungen und den 87 Empfehlungen des RH auch die Stellungnahmen der geprüften Stellen. So erachtet die Bundestheater-Holding den Bericht „als wichtigen Beitrag, um künftig derartige, den gesamten Konzern erschütternde Krisensituationen von Anbeginn an zu unterbinden“. Das Burgtheater gibt in seinen Stellungnahmen an, die meisten Empfehlungen schon umgesetzt zu haben. So seien in den Jahren 2013/14 und 2014/15 die Budgets sogar unterschritten worden, auch die Barzahlungen an Mitarbeiter seien auf ein Zehntel reduziert worden. „Wir sind dankbar für diesen Rechnungshofbericht, weil er uns geholfen hat, die Vorgänge aus der Vergangenheit aufzuarbeiten“, schrieb Burgdirektorin Karin Bergmann in einer Aussendung.

Streitpunkte gibt es dennoch. Der Bericht kritisiert etwa den Aufsichtsrat: Er habe die verschwenderischen Praktiken der Burgtheater-Leitung nicht beanstandet, er habe sich mit unvollständigen Quartalsberichten zufriedengegeben, er habe sich zu spät mit den finanziellen Problemen des Hauses auseinandergesetzt. Die Bundestheater konterten in ihrer Stellungnahme, dass der Aufsichtsrat sehr wohl unverzüglich gehandelt habe, sobald erste Hinweise auf Unregelmäßigkeiten bekannt geworden waren. Davor hätten weder die Abschlussprüfer noch die Interne Revision noch renommierte Wirtschaftsprüfer irgendwelche Malversationen festgestellt. Der RH blieb bei seiner Kritik: Der Aufsichtsrat hätte, hätte er das Burgtheater genauer kontrolliert, einige Ungereimtheiten früher erkennen können.

Kritik an Preispolitik

Einige Empfehlungen des RH widmen sich einem Thema, das in Zusammenhang mit der Finanzmisere am Burgtheater weniger diskutiert wurde: den Eintrittskarten bzw. der Preispolitik des Theaters. So seien Auslastungszahlen geschönt worden, indem man die Anzahl der Sitzplätze nachträglich reduzierte. Für Premieren seien so viele Karten zu Sonderkonditionen (stark vergünstigte „Regiekarten“) vergeben worden, dass die Kartenerlöse im Haupthaus um 34 Prozent niedriger waren als bei Folgevorstellungen. Zudem seien jährlich rund 6800 Gratiskarten für den Betriebsrat ausgestellt worden, ohne dass es dafür eine schriftliche Vereinbarung gegeben habe. Das Burgtheater entgegnete, dass die Preise der Regiekarten bereits erhöht worden seien, die Anzahl der Mitarbeiterkarten werde reduziert. Sie seien aber notwendig, da die Mitarbeiter der Burg deren Produktionen auch kennen sollten. Dem RH reichte das nicht: Er empfahl, die Praxis ganz einzustellen.

Ein großer Kritikpunkt betrifft die Zahlungen an den ehemaligen Burgchef Matthias Hartmann. Er hat neben seinem Gehalt von insgesamt einer Million Euro über die Jahre noch weitere Zahlungen in Höhe von rund 1,23 Millionen Euro erhalten, und das teilweise „ohne einen nachvollziehbaren Leistungsgrund“. Seine Regiearbeiten wurden extra abgegolten (insgesamt über 737.000 Euro), allein 375.000 Euro habe er in bar erhalten. Um die chaotischen Zahlungen an Hartmann zu rekonstruieren, musste das Burgtheater letztlich zwei Gutachten einholen.

Wer war verantwortlich?

„Die Vertragsbeziehung der Burgtheater GmbH mit dem früheren künstlerischen Geschäftsführer war von Rechtsunsicherheit und Intransparenz geprägt“, lautet das Urteil des RH. Er empfahl, die Regietätigkeiten des Direktors künftig in den Geschäftsführerverträgen festzulegen und auch bei der Bemessung des Gehalts zu berücksichtigen. Die Bundestheater-Holding nahm sich in ihrer Stellungnahme aus der Verantwortung: Die Verträge seien vom Ministerium verhandelt worden. Laut RH lag die Verantwortung aber bei den Bundestheatern.

Kritisiert wurde auch die Besetzungspolitik: „Nicht nachvollziehbar“ sei, dass Silvia Stantejsky 2008 überhaupt zur kaufmännischen Leiterin bestellt wurde – ein Personalberatungsunternehmen hatte sie auf den dritten Platz gereiht, die Kommission (in der u. a. der damalige Burg-Geschäftsführer und heutige Kulturminister Thomas Drozda saß) wählte dennoch sie. 2012 verlängerte die damalige Kulturministerin, Claudia Schmied (SPÖ), Hartmanns Vertrag ohne Ausschreibung vorzeitig – obwohl sie über die finanzielle Talfahrt an der Burg informiert worden sei. Die Empfehlung des RH an die Kulturpolitik, künftig alle Bestellungen auszuschreiben und Mitglieder der Geschäftsführung nicht mehr vorzeitig wiederzubestellen, wurde schon umgesetzt, und das werde auch künftig so gehandhabt, versicherte Drozda.

Rechnungshofbericht

Causa Burgtheater. Nachdem die schweren finanziellen Probleme am Burgtheater bekannt geworden waren, schaltete der damalige Kulturminister, Josef Ostermayer, im Februar 2014 den Rechnungshof ein, der die Gebarung an der Burg und die Kontrolle durch die Bundestheater-Holding prüfen sollte. Die Prüfung verzögerte sich zunächst, weil die Korruptionsstaatsanwaltschaft alle Belege der Hauptkassa beschlagnahmt hatte. Im März lag der Rohbericht vor, der nun fertige Endbericht enthält auch Stellungnahmen von Bundeskanzleramt, Burgtheater und Bundestheater-Holding.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.05.2016)

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