G7-Gipfel: Deutschland und EU-Ratspräsident Donald Tusk erwarten ein stärkeres finanzielles Engagement. Auf große Unterstützung können sie aber nicht hoffen.
Zumindest einen Unterstützer weiß die deutsche Bundeskanzlerin, Angela Merkel, bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise auf ihrer Seite. EU-Ratspräsident Donald Tusk forderte gleich zu Beginn des G7-Gipfels im japanischen Ise-Shima am Donnerstagmorgen, dass die Industrienationen sich finanziell stärker beteiligen sollen. „Wenn wir nicht die Führung bei der Bewältigung der Krise übernehmen, wird es sonst niemand tun“, warnte Tusk. Nur: Inmitten der sieben anwesenden Regierungschefs hat der EU-Ratspräsident am wenigsten zu sagen.
Ansonsten sieht sich die Bundeskanzlerin im Kreis der Regierungschefs der sieben großen Industrienationen (G7) weitgehend allein auf weiter Flur. Die Regierungschefs von Frankreich, Großbritannien, Italien und den USA hielten sich weitgehend bedeckt und machten keine weiteren Zusagen. Die japanische Regierung versteckt sich hinter ihrer üblichen Scheckbuchdiplomatie. Flüchtlinge möchte sie gar keine aufnehmen, ist aber bereit, den Flüchtlingscamps in Jordanien, der Türkei und dem Libanon finanziell unter die Arme zu greifen. „Ich erwarte nicht ganz konkrete Zahlen“, gab sich Merkel im Anschluss ihrer Gespräche geschlagen. Immerhin seien sich die G7-Staaten aber einig, „dass wir alles tun müssen, um Fluchtursachen zu bekämpfen“.
Nur Kanadas frisch ins Amt gekommener Premierminister, der Liberale Justin Trudeau, heißt syrische Flüchtlinge auch weiter willkommen. Insgesamt will seine Regierung in diesem Jahr 44.000 Flüchtlinge aufnehmen – fast viermal so viele wie im vorigen Jahr.
Zahl der Flüchtlinge in Calais steigt
Während in Japan die Flüchtlingskrise Thema bleibt, haben die griechischen Behörden das wilde Lager in Idomeni an der mazedonischen Grenze so gut wie ganz geräumt – die Betroffenen wurden in offizielle Camps gebracht. Nur mehr einige Flüchtlinge seien vor Ort, sagte der Migrationsminister, Ioannis Mouzalas, am Donnerstag in Athen. Die Räumung sei beispielhaft verlaufen. Zeitweise haben an der griechisch-mazedonischen Grenze bis zu 11.000 Menschen ausgeharrt, die nach der Schließung der Balkanroute in Idomeni steckengeblieben sind.
Im nordfranzösischen Calais hingegen steigt wieder die Zahl der Flüchtlinge. Vor rund drei Monaten räumten die Behörden einen großen Teil des Lagers, danach waren es in der provisorischen Zeltstadt „Dschungel von Calais“ knapp 4000 Menschen, die auf eine Möglichkeit warteten, nach Großbritannien zu gelangen. Mittlerweile ist ihre Zahl wieder auf 5000 bis 7000 gestiegen, schätzen lokale Hilfsorganisationen.
Von einer Entspannung der Lage kann auch in Italien nicht die Rede sein. Am Donnerstag ist erneut ein Flüchtlingsboot verunglückt, die Marine konnte 88 Menschen retten. Wie viele Flüchtlinge gestorben sind, war nicht bekannt. Es ist das zweite Mal innerhalb von zwei Tagen, dass ein Boot vor der italienischen Küste versinkt. (lee/ag.)