Der Flugzeugzulieferer feuert seinen Gründer und Vorstandschef. Der Betrug belastet das Ergebnis schwer.
Ried/Wien. Das Erdbeben kam in Wellen: Nachdem beim Luftfahrtzulieferer FACC im Jänner eine Cyber-Attacke entdeckt wurde, die das Unternehmen 50 Mio. Euro kostete, musste im Februar Finanzchefin Minfen Gu gehen. Jetzt, nach Vorliegen des Prüfberichts von Juristen und Forensikern hat der vom chinesischen Eigentümer Xian Aircraft dominierte Aufsichtsrat völlig überraschend Firmengründer und Vorstandschef Walter Stephan gefeuert.
„Der Aufsichtsrat ist zum Schluss gekommen, dass Herr Walter Stephan seine Pflichten schwerwiegend verletzt hat, insbesondere im Zusammenhang mit dem ,Fake President‘-Vorfall“, hieß es in einer Aussendung nach der Aufsichtsratssitzung. Was man dem in der gesamten Luftfahrtbranche als Fachmann anerkannten und bei Kunden und Mitarbeitern geschätzten Stephan genau vorwirft, wollte Investors-Relations-Manager Manuel Taverne der „Presse“ nicht sagen. Der Bericht müsse den Ausschlag gegeben haben, mutmaßen Insider.
Das Unternehmen, das mit rund 3000 Beschäftigten bei beiden großen Flugzeugproduzenten Airbus und Boeing sowie einer Reihe kleinerer Anbieter Erstlieferant ist, steht nun ohne Finanzvorstand und CEO da. Nach Nachfolgern wird gesucht. Interimistisch ist Technikvorstand Robert Machtlinger Chef, die Finanzen führt Wang Yongsheng.
Der Schadensfall dürfte so gelaufen sein: Betrüger dürften einer FACC-Mitarbeiterin aus dem Finanzbereich ein gefälschtes E-Mail mit der Bitte um millionenschwere Überweisungen geschickt haben. Das E-Mail habe so ausgesehen, als ob es von einem firmeninternen Absender kommt. Konkret sei es um die Überweisung von mehreren Millionen Euro gegangen – unter Vortäuschung eines Geschäftsfalls, so Taverne. Auch die Korruptionsstaatsanwaltschaft ermittelt.
Obwohl von den insgesamt mehr als 50 Mio. Euro rund zehn Mio. Euro gerettet und eingefroren werden konnten, riss der Betrug ein tiefes Loch in die Bilanz. Während der Umsatz um 11,1 Prozent auf 587,5 Mio. Euro anstieg, sackte das Ergebnis nach Steuern von minus 9,6 auf minus 21,9 Mio. Euro ab. Ohne den Schadensfall hätte die FACC einen Betriebsgewinn von 18,6 Mio. Euro erzielt.
Der gebürtige Oberösterreicher Stephan war Entwicklungsleiter bei der Fischer-Skisport-Gruppe und hat dort die Sparte Advanced Composites Components gegründet, um die Kunststoffleichtbau-Agenden zu bündeln. Daraus entstand die FACC – vor rund 30 Jahren. Seit 1999 war Stephan Vorstandsvorsitzender der Fischer-Tochter. Ursprünglich waren Hannes Androsch und Willi Dörflinger zusammen mit der Raiffeisenlandesbank Oberösterreich die Hauptaktionäre. 2009 stiegen die Chinesen ein, 2014 erfolgte der Börsengang.
„Die FACC war sein Baby, er hat die Firma aufgebaut und groß gemacht“, sagt einer seiner engsten Mitarbeiter. (eid)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.05.2016)